nd-aktuell.de / 13.07.2018 / Kultur / Seite 15

Im Tanzfieber

Abseits! Die Feuilleton-WM-Kolumne

Ahne

Juchhu! Es hat geregnet. Bindfäden! Über Stunden! Endlich! Was das mit Fußball zu tun hat? Nichts! Ich habe extra einen burundischen Regentanz aufgeführt, den ich im Internet gefunden habe. Danke, Internet! Da musste man so mit den Armen rudern, rhythmisch seine Hüften schwingen und mit den Füßen ... - das war schon eine ziemlich komplizierte Schrittfolge, muss ich mal sagen. Jedoch, nach ein wenig Übung, hat es geklappt.

Also, erst war ich ja durchaus skeptisch gewesen, bin eher ein Verfechter der Wissenschaft, Esoterik ist mein Ding so gar nicht. Dann aber dachte ich, du liebe Güte, den Straßenbäumen geht es dermaßen schlecht und meine Gießkanne hat ein Loch, irgendwas muss getan werden. Und: Entspricht es nicht der wissenschaftlichen Herangehensweise, wenn man erst einmal prüft, ohne Vorurteile experimentiert? War zwar die Anleitung zum Tanze nur auf Burundisch, aber zum Glück gab es farbige Abbildungen, die wirklich aussagekräftig waren. Ganz nebenbei, es hat Spaß gemacht. Ich musste direkt lachen, als ich mir im Spiegel dabei zugesehen hab. Vielleicht gehe ich demnächst auch mal wieder tanzen. Oder mache Bungee-Jumping.

Doch nun zur WM. Finale! Also, das Finale steht fest. Frankreich gegen Kroatien, wieder genau so, wie ich es getippt habe, aber mittlerweile wundert es mich nicht mehr. Ich hab, muss ich ehrlich zugeben, sogar ein wenig gegähnt. Belgien gegen Frankreich, das erste Halbfinale, guckte ich zusammen mit meinen Kolleginnen Andreas Gläser und Jacinta Nandi im Yaam, einem Strandclub, direkt gegenüber vom Ostbahnhof. Uns wurde immer wieder unaufgefordert Bier auf den Tisch gestellt, Bier in grünen Flaschen, kein Wunder, wenn ich mal an Krebs sterben werde. Danke, Yaam! Frankreich hat gewonnen, wie ihr euch bestimmt denken könnt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Es war extrem langweilig! Kein Vergleich zu England gegen Kroatien.

Das Spiel habe ich mir bewusst zu Hause angeschaut. Dort konnte mir niemand grüne Flaschen auf den Tisch stellen, das hab ich da höchst selbst übernommen. Wenn ich jetzt an Krebs sterbe: danke, Ahne! Ich war für England gewesen. Das ist normalerweise nicht so bei mir. Normalerweise favorisiere ich das kleinere Land, den Außenseiter, den Underdog. Aber die kroatischen Spieler schafften es durch ihre nationalistische Kackscheiße, die sie andauernd absonderten, sämtliche Sympathien bei mir zu verspielen. Und auf dem Platz konnten sie gegen England keinerlei Bonuspunkte sammeln. Ständig schubsten sie, grätschten übel in die Beine und beschimpften ihre Kontrahenten. Wenn ich nicht wüsste, dass so etwas bei der FIFA unmöglich ist, hätte ich gedacht, die Partie sei abgekartet. Es wirkte von Weitem, als sei der Schiedsrichter parteiisch.

Die Kroaten hätten in der ersten Halbzeit mehrere gelbe Karten erhalten müssen, stattdessen wurde oft nicht mal Foul gepfiffen. Die Linienrichter schienen blind zu sein. War der Ball im Aus, wurde einfach weitergespielt. Merkwürdigerweise lediglich dann, wenn die Kroaten ihn dorthin beförderten. Tore sind wohl auch gefallen, der Ausgleich mit zu hohem Bein, das entscheidende durch Mandžukić und der Führungstreffer der Engländer durch jemanden, von dem ich erst dachte: Oh nein, der Ärmste will bestimmt niemals im deutschsprachigen Raum Urlaub machen. Er nannte sich dann aber doch nur Trippier, und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass das zweite »i« hinzugekauft worden wäre. Finale gucke ich übrigens nicht, da muss ich mich vorbereiten, will doch den Regentanz zeigen, bei der Reformbühne, Sonntagabend, in der Jägerklause.

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