nd-aktuell.de / 18.07.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 12

«Wer das liest, ist doof»

Nordrhein-Westfalen: Banken beklagen zusätzliche Arbeit durch zweideutige Angaben auf Überweisungsformularen

Marc Niedzolka, Düsseldorf

«Für Koks und Nutten» oder «Danke für die Niere»: Manche Bankkunden finden es langweilig, bei Überweisungen in das Feld «Verwendungszweck» nur eine Rechnungsnummer, eine Versichertenziffer oder die eigene Anschrift einzutragen. Wer nicht ganz ernst gemeinte Zwecke mit einem Augenzwinkern an Freunde oder Bekannte sendet, sollte aber lieber vorsichtig sein. Sonst könnte am Ende sogar die Polizei gegen ihn ermitteln.

In den Finanzinstituten ist man genervt, denn dort muss man Überweisungen auf den Verdacht von Geldwäsche oder Betrug prüfen. «Lustig gemeinte Verwendungszwecke können zu erhöhtem Arbeitsaufwand und auch Verzögerungen führen», sagt Stefan Marotzke, Sprecher des Sparkassen- und Giroverbandes. «Der Schabernack belastet eine Verwaltung», beklagt auch eine Sprecherin des Zollkriminalamtes. Solche Fälle würden schon hin und wieder vorkommen. So bestätigt die Staatsanwaltschaft München, dass vor einiger Zeit «immer wieder Geldwäscheverdachtsanzeigen wegen bemerkenswerter Verwendungszwecke (»Koks Nutten Marihuana und was man sonst so für eine gute Party braucht«, »Waffenfähiges Plutonium«) kamen. Dies habe mittlerweile aber aufgehört. Zum Ausgang der Anzeigen konnte die Staatsanwaltschaft keine Angaben machen, eine Einstellung des Verfahrens sei aber wahrscheinlich.

Im Internet gibt es Seiten, die eine Art Hitliste an lustigen Verwendungszwecken zeigen. Immer wieder dabei sind Überweisungszwecke wie »Waffenfähiges Plutonium«, »Danke für letzte Nacht«, »Geld stinkt nicht«, »Suche reife Frauen ab 60« oder »Deine Armut kotzt mich an«. Allerdings: Wenn so etwas bei echten Drogendeals oder Geldwäscheaktionen tatsächlich in der Betreffzeile stünde, wäre das schon eigenartig. Genauso wenig sagen natürlich »Almosen«, »endlich Millionär« oder »haste mal ne Mark?« etwas über den Wohlstand des Kontoinhabers aus. Dennoch: »Kreditinstitute sind verpflichtet, Ungewöhnlichkeiten in Geschäftsbeziehungen und im Zahlungsverkehr zu erkennen«, erklärt der Bundesverband deutscher Banken. Laut Zollkriminalamt gehen mögliche Geldwäsche-Aktionen zuerst an die »Financial Intelligence Unit«, die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Verdachtsfälle würden dann von der Staatsanwaltschaft geprüft und womöglich an die Polizei weitergeleitet werden. Nach Ansicht von Paul H. Assies, Fachanwalt für Bank und Kapitalmarktrecht, handelt es sich bei dem Missbrauch von Verwendungszwecken um »ganz ganz seltene Einzelfälle«. Wenn Kunden aber wiederholt lustige Verwendungszwecke angeben, die auch anders verstanden werden können, wäre dies ein berechtigter Kündigungsgrund für Banken. Grundsätzlich müsse man aber keinen Zweck angeben.

In Deutschland werden nach Statistiken der Bundesbank jährlich mehr als sechs Milliarden Überweisungen getätigt. Auch wenn Geldhäuser bei Überweisungen nur vereinzelt Stichproben machen, verdeutlicht diese Zahl die Dimensionen des Aufwands. Der Bankenverband erklärt, man kontrolliere anhand von Listen mit auffälligen Begriffen. Diese Kriterien seien aber geheim und unterschieden sich je nach Geschäftsfeld der Geldinstitute und Kunden.

Wer Ärger vermeiden will, sollte also unverfängliche Witze wählen. Ein paar Vorschläge aus dem Netz: »Kauf dir ein Snickers«, »Hier du Kapitalist« oder »Wer das liest, ist doof«. dpa/nd