Gepflegtes Feilschen

Jens Spahn will Pflegebeitrag erhöhen und mit sinkender Arbeitslosenversicherung versöhnen

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) weiß, dass Aufmerksamkeit der Lohn fleißiger Interviewarbeit ist, vielmehr als fleißiger Gesetzesarbeit. Und angesichts überbordender Debatten zum Thema Pflege mag es dem Minister nützlich erscheinen, nicht überhört zu werden. So erhöhte er nun in einem Interview der »Westfälischen Nachrichten« den verbalen Einsatz für die Pflege in Gestalt einer neuen Zahl beim Versicherungssatz. »Die Pflegekassen halten eine Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrages zum 1. Januar um 0,5 Beitragssatzpunkte für notwendig«, sagte der CDU-Politiker. »Ich denke, diese Größenordnung ist realistisch.« Es gebe generationenübergreifend eine hohe Akzeptanz für Mehrausgaben in der Pflege, begründete Spahn seine Zuversicht, dass dieser Vorschlag konsensfähig sei. Derzeit liegt der Beitragssatz bei 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens, bei Kinderlosen bei 2,8 Prozent.

Allerdings hatte der GKV-Spitzenverband neben der Beitragserhöhung auch angeregt, über die Einführung eines Bundeszuschusses für die Pflegeversicherung nachzudenken. »Die bessere Versorgung der Pflegebedürftigen hat ihren Preis«, sagte Verbandssprecher Florian Lanz der Nachrichtenagentur AFP. Spahn würde hingegen lieber die bereits geplante Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung ins Feld führen, wenn es gilt, die Versicherten mit erhöhten Pflegebeitragssätzen zu versöhnen.

Und so droht die Debatte zur notwendigen Behebung des Pflegenotstands in einer Rechenaufgabe zu münden, die sich um das Äquivalent von Pflege- und Arbeitslosenversicherung dreht. Spahn im Interview: Er werbe auch beim Kollegen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dafür, in der Arbeitslosenversicherung »vorhandene Senkungsspielräume zu nutzen, da wir die Lohnnebenkosten insgesamt nicht erhöhen wollen«. Heil wiederum hat seine eigenen Zahlen in der Kaskade von Senkungsvorschlägen bereits genannt. Um 0,3 Punkte auf 2,7 Prozent könnte es im nächsten Jahr heruntergehen, vielleicht sogar noch weiter. Heil hat dabei aber einen anderen Handel im Sinn. Er will den Koalitionspartner für eine Qualifizierungsoffensive gewinnen, die die Weiterbildung voranbringen soll.

Wo auch immer die Beitragssätze jeweils landen, der Wille der Großen Koalition zum Einsatz eines angemessenen Steuermittelbetrages scheint derzeit nicht sehr ausgeprägt. Minister Spahn darf sich hier auch von seiner Chefin ermutigt sehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte erst am Freitag auf ihrer Sommerpressekonferenz die Frage nach mehr Bundesmitteln für die Pflege recht ausweichend beantwortet. Die Beschäftigten legten Wert über alles andere hinaus auf gesellschaftliche Wertschätzung, sagte Merkel unter Hinweis auf den Besuch einer Pflegeeinrichtung in der letzten Woche. Finanzielle Anerkennung scheint nicht dazuzugehören. Mit Agenturen

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