Trau keinem Vergleichsportal

Check24, Verivox und Co.

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Online-Kreditportal »Smava« warb offensiv für die Vergabe von Verbraucherdarlehen - teilweise sogar mit negativen Zinsen. Aus Beschwerden von Kunden geht hervor, dass der Anbieter dabei »Auszahlungsversprechen für Kredite« gab. Da ihm dafür aber als reiner Vermittler die Zulassung fehlt, haben die Marktwächterexperten der Verbraucherzentrale Sachsen das Vergleichsportal abgemahnt.

Die Marktwächter halten solche Versprechen für irreführende Werbung. »Tatsächlich hat Smava auf die Vergabe des Kredites keinen Einfluss und konnte die Zuteilung folglich nicht gewährleisten«, erklärt Teamleiterin Kerstin Schultz. »Das darf grundsätzlich nur ein Kreditinstitut mit Zulassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.« In einer Unterlassungserklärung hat Smava mittlerweile zugesichert, die Kreditzusage für Verbraucher zu unterlassen.

Smava ist kein Einzelfall. Im Frühwarnnetz der Verbraucherzentralen nehmen die Beschwerden zu verschiedenen Vergleichsportalen zu. Besonders häufig geht es um angebliche Null- oder Negativzinskredite. Verbraucher sind dann enttäuscht, weil sie statt der beworbenen Konditionen eine Flut an (teureren) Alternativangeboten erhalten. »Daneben verzeichnen wir Beschwerden, bei denen ein Missbrauch von Verbraucherdaten und der Datenschutz allgemein ein mögliches Problem darstellen könnten«, sagt Kerstin Schultz.

Die Linke fragt bei der Bundesregierung nach

Sind Vergleichsportale wie Check24, Verivox und Co. transparent und neutral genug? Und wenn »nein«: Hat der Gesetzgeber Schritte geplant, um die Transparenz im Sinne der Kunden zu erhöhen? Die LINKE im Bundestag hat mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung nachgefragt.

Hinter der Anfrage steht die Kritik der Oppositionspartei: Viele Verbraucher wissen nicht, dass die Portale ausschließlich Tarife von Anbietern listen, die eine Provision zahlen. Dabei würden die Portale oft eine nicht nachvollziehbare Vorauswahl bei den gelisteten Produkten treffen.

Die Antwort der Bundesregierung »fällt eher dünn aus«, kritisiert das Fachblatt »Versicherungsbote«. Teils wird einfach auf die Zuständigkeit der Europäischen Union verwiesen, teils auf geltende Gesetze. Und auf die Frage der LINKEN, wie viel Provision die Portale erhalten und wie sich die Vergütung in den letzten Jahren entwickelt habe, müssen Angela Merkels Experten ganz passen. Die Bundesregierung besitze dazu keine Daten (Bundestagsdrucksache 19/2759).

Dabei versichert die schwarz-rote Koalition in ihrem Koalitionsvertrag, dass sie die Transparenz von Vergleichsportalen verbessern wolle, »insbesondere hinsichtlich der Bewertungssysteme, der Gewichtung der Ergebnisse, Provisionen, der Marktabdeckung, wirtschaftlichen Verflechtungen sowie hinsichtlich des privaten oder gewerblichen Angebotes der Leistungen«. Dennoch gesteht die Bundesregierung, dass ihr eigentlich die Mittel dafür fehlten, denn zuständig sei die EU.

Das Bundeswirtschaftsministerium verweist auf einen Richtlinienentwurf, den die EU-Kommission am 26. April 2018 vorgelegt habe (»Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten«; auf Deutsch als Bundesrats-Drucksache 170/18 erschienen). Unter anderem ist danach geplant, dass Online-Anbieter die wichtigsten Parameter für ihre Einordnung von Waren und Dienstleistungen (»Ranking«) bereits im Vorfeld offenlegen müssen - allerdings soll dies nur gegenüber Wettbewerbern und gewerblichen Nutzern geschehen. Die Richtlinie zielt also weniger auf Verbraucherschutz als auf wettbewerbsrechtliche Regeln zwischen den Online-Anbietern.

Was können Verbraucher jetzt schon tun?

Bis der Gesetzgeber wirklich eingreift, werden sich Verbraucher noch jahrelang gedulden müssen. Bis dahin sollten Sie den »Ergebnissen« von Vergleichsportalen grundsätzlich misstrauen. Bei größeren Kaufentscheidungen wie den Abschluss einer Versicherung oder eines Kreditvertrages sollten zumindest mehrere Portale und deren Angebote miteinander verglichen werden.

Wer es genau wissen will, sollte auf jeden Fall ins Kleingedruckte schauen. Darauf kann er sich aber nur bedingt verlassen. Die Vorschriften im »Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb« sind äußerst vage. Was Portale veröffentlichen müssen, ist juristisch umstritten: Wenn beispielsweise ein Versicherungsunternehmen eine Beteiligung an einem Vergleichsportal für Versicherungen hat, gilt dies nicht als Interessenkonflikt.

Um mehr Durchblick herzustellen, bitten die Marktwächter um Ihre Mithilfe! »Marktwächter Finanzen« ist ein Projekt, mit dem die Verbraucherzentralen den Finanzmarkt aus Perspektive der Verbraucher beobachten. Betroffene können dort direkt ihre schlechten Erfahrungen schildern (ssl.marktwaechter.de/mitmachen).

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