nd-aktuell.de / 28.07.2018 / Kommentare / Seite 17

Rentenansprüche in homöopathischen Dosen

Sieben Tage, sieben Nächte: Über die Förderung von Altersarmut

Eva Roth

Eine Umfrage hat kürzlich ergeben, dass es eine große Mehrheit der Befragten wichtig findet, Altersarmut zu verhindern. Deswegen soll hier nochmal kurz nachgeschaut werden, was die Politik getan hat, um die gesetzlichen Renten zu stabilisieren und was sie tun könnte. Es ist nämlich so, dass in der Rentendebatte oft Schmu erzählt wird, mit handfesten Folgen.

Die Bundesregierungen haben über viele Jahre die Altersarmut eher begünstigt als bekämpft. Durch die Förderung von Minijobs zum Beispiel, die den Beschäftigten allenfalls homöopathische Rentenansprüche einbringen. Außerdem sind die Renten gekürzt worden, mit der Standardbegründung: Immer weniger junge Menschen werden für immer mehr alte Menschen die Renten bezahlen müssen. Damit das System nicht kollabiert, muss das Rentenniveau gesenkt werden.

Die Begründung klingt zunächst einmal einleuchtend: Eine schrumpfende Zahl von Jüngeren soll eine bedrohlich anwachsende Zahl von Älteren finanzieren - das kann auf Dauer nicht gut gehen!

Das Argument ist allerdings irreführend. Es stimmt schon, dass die deutsche Gesellschaft altert. Wichtig für die Finanzierung der Renten ist aber, wie viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte es gibt. Wenn die Zahl steigt, steigen die Einnahmen der Rentenversicherung. Genau das ist in den vergangenen Jahren und Monaten geschehen. Im ersten Halbjahr 2018 sind die Beitragseinnahmen im Jahresvergleich um 4,3 Prozent gestiegen. Auch die Rücklage sei gewachsen, berichtete die Rentenversicherung in dieser Woche. Warum? Weil es mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gibt. Obendrein sind die Löhne in jüngster Zeit stärker gestiegen als früher.

Die höhere Beschäftigung ist für das gesamte Sozialsystem gut: Einerseits zahlen mehr Erwerbstätige Sozialbeiträge, andererseits müssen Staat und Sozialversicherung weniger Geld aufwenden, um Arbeitslose zu unterstützen.

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung kommt denn auch in einer Studie zu dem Schluss, dass »Katastrophenszenarien« bei der Alterssicherung nicht angebracht seien. Der demografische Wandel könne bewältigt werden, wenn die Politik mehr und bessere Arbeitsplätze fördert. Die Forscher empfehlen eine expansive Wachstums- und Beschäftigungspolitik, zu der etwa höhere Lohnsteigerungen, mehr öffentlicher Wohnungsbau und mehr Geld für Bildung gehören.

Die schwarz-rote Regierungskoalition hat bereits beschlossen, dass sie das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisieren will. Bislang gilt noch, dass es in den kommenden Jahren auf 43 Prozent sinken kann. Immerhin ein kleiner Fortschritt. Es muss nicht immer alles schlimmer werden. Eva Roth