nd-aktuell.de / 28.07.2018 / Kultur / Seite 2

Gelebte Heuchelei

Ed Sheeran war selbst mal Obdachlos und macht jetzt gegen Wohnungslose mobil

Lee Wiegand

Ed Sheeran, seines Zeichens bescheidener Interpret selbstgeschriebener Pop-Schnulzen, Musikpreissammler und Englands beliebtester Rothaariger, musste laut eigenen Angaben vor dem Beginn seiner Karriere einige Nächte ohne Dach über dem Kopf, sprich obdachlos in den Straßen Londons überleben. Ein Schicksal, das man niemandem wünscht, möchte man meinen, vor allem, wenn man selbst das Schicksal mit den so genannten »Rough Sleepers« teilen musste.

Bizarrerweise sieht der von Zufalls Glück in den Reichtum geküsste Sheeran, der einst sogar ein heiteres Liedchen über die »Homeless« dichtete, das Ganze anders. Vor Gericht erstritt der 27-Jährige die Erlaubnis, sein acht Millionen Pfund Sterling teures Anwesen im Londoner Stadtteil Royal Borough of Kensington and Chelsea (Einst Privatbesitz der königlichen Familie) mit modernster Anti-Obdachlosen-Technologie aufzurüsten.

Ursprünglich wies der Stadtrat von Kensington Chelsea das Vorhaben ab, selbstverständlich nicht aus ethischen Gründen, sondern aus Angst, Sheeran würde einen NATO-Stacheldraht installieren, der ja nun gar nicht in das historische Stadtbild passen würde. Nach einer eidesstattlichen Beteuerung, den viktorianischen Charakter des Stadtviertels optisch beizubehalten, steht dem Projekt nun nichts mehr im Wege.

Die geplante Mauer wirke nicht nur hervorragend gegen Obdachlose, sondern auch gegen anderen Müll und steigere das Sicherheitsgefühl des Bewohners auf ein wünschenswertes Level, erklärte Sheerans Architekt Paul Smith.

Den schlechten Geruch, den man sich als aufmerksam*e Leser*in jetzt in der Nase einbildet, beweist, dass Geld eben doch stinkt und perverser Reichtum einen immer zu einem schlechteren Menschen machen wird, egal wie bescheiden und einfach man einmal gelebt hat.

Jetzt können wir mit Spannung Ed’s nächstes Album erwarten: »Just stop being homeless. Why don’t you just buy a house?«