nd-aktuell.de / 02.08.2018 / Berlin

Gästeschlange und Sanierungsstau

Rekordsommer: Berliner Bäderbetriebe präsentieren Bilanz der diesjährigen Sommersaison

Florian Brand

Das Bad in der Prinzenstraße ist brechend voll. Am Eingang hat sich gegen Mittag bereits eine kleine Schlange formiert. Es sind über 30 Grad im Schatten. Auf dem Freibadgelände reihen sich Handtücher dicht an dicht. Trotz oder gerade wegen der drückenden Hitze ist die Stimmung entspannt, womöglich auch wegen der (noch) geringen Wartezeit. Anders sieht das am Wochenende aus. Da kann der Einlass schon mal zehn Minuten und länger dauern.

Mehr als 1,31 Millionen Besucher*innen - allein in den Sommerbädern - verzeichneten die Berliner Bäderbetriebe (BBB) in diesem Jahr bislang. Das ist neuer Rekord, sagt deren Chef Andreas Scholz-Fleischmann. »Läuft der Rest so weiter, werden wir das 15-Jahres-Hoch knacken.« Den bisherigen Besuchsrekord verzeichneten die Berliner Freibäder im Jahr 2003, damals mit 2,07 Millionen Gästen.

Angesichts zu langer Wartezeiten gibt es jedoch mancherorts Unmutsäußerungen. »Wenn es zu voll wird, müssen wir die Bäder schließen«, sagt Scholz-Fleischmann. »Das ist natürlich ärgerlich für den Einzelnen, geht aber aus Sicherheitsgründen nicht anders.« Einerseits könne man nicht alle Menschen gleichzeitig im Wasser beaufsichtigen, andererseits leide die Wasserqualität angesichts der veralteten Technik. »Die Bäder im Ost- wie im Westteil sind veraltet und durchgehend sanierungsbedürftig«, sagt der BBB-Chef. Insgesamt belaufen sich die Kosten für die Sanierung aller BBB-eigenen Bäder auf 170 Millionen Euro, Tendenz steigend. Angesichts der jährlich um vier Prozent steigenden Baukosten könnten es in den kommenden Jahren noch mehr werden. Ebenfalls nicht mit eingerechnet ist eine bessere Ausstattung der Schwimmbäder. »Wir wollen ja auch die Bäder hinterher attraktiver machen.« Vor allem familien- und seniorenfreundlicher müssten die Bäder werden. Es gebe viele unterschiedliche Ansprüche an die Beckenstruktur und den Service. »Wir versuchen dem natürlich nachzukommen, das wird zusätzliches Geld kosten, das aber sinnvoll investiert ist«, verspricht Scholz-Fleischmann.

Alle Investitionen zusammengerechnet, müssten 290 Millionen Euro ausgegeben werden. Das betreffe sowohl die zwei geplanten Neubauten in Mariendorf und Pankow, die insgesamt rund 60 Millionen Euro kosten. Außerdem die vier landeseigenen Bäder Wannsee, Forumbad im Olympiapark, Olympiastadion, sowie die Schwimm- und Sprunghalle im Europa-Sportpark. »Die haben ebenfalls Sanierungsbedarf, die haben wir aber gar nicht in unserem Budget. Das könnten auch 60 Millionen Euro werden«, so Scholz-Fleischmann.

Ein weiteres Problem gibt es beim Personal. Laut dem Berufsverband für Bäderbedienstete fehlen bundesweit bis zu 2500 Fachkräfte. Das spürt man auch in Berlin. Mindestens 40 Rettungsschwimmer*innen fehlen in den Bädern. Auch finanziell kommen die Bäderbetriebe an ihre Grenzen. Angesichts einer Tarifsteigerung um eine Million Euro - »die wir auch gerne zahlen«, betont der BBB-Chef - reiche der Landeszuschuss nicht aus für zusätzliches Personal.

Besonders eng wird es für Friedrichshain-Kreuzberger Badegäste. Mit dem Bad in der Holzmarktstraße, welches zum 1. Oktober zwangsweise vom Netz genommen werden muss, werden im kommenden Jahr auch alle anderen Bäder zu Sanierungszwecken geschlossen. Immerhin wollen die BBB an ihrem Vorhaben festhalten, auf nicht genutzten Flächen Student*innenwohnungen zu bauen.