nd-aktuell.de / 13.08.2018 / Politik / Seite 6

Skepsis gegenüber Koalition zwischen CDU und Linkspartei

CDU-Ministerpräsident Daniel Günther brachte eine Zusammenarbeit zwischen CDU und LINKE ins Spiel - die Distanzierungen folgten prompt

Berlin. Über Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther ist am Wochenende eine innerparteiliche Welle der Entrüstung hereingebrochen. Ausgelöst hat sie das Gedankenspiele des CDU-Politikers zu Kooperationen mit der Linkspartei in Ostdeutschland.

Dort sei die Parteienlandschaft eben eine andere als im Westen, sagte Günther gegenüber Medien. «Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen die LINKE eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisch sein.» Und weiter: «Wenn da vernünftige Menschen in der Linkspartei am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftigen Lösungen zu suchen», sagte Günther weiter. Es wäre gut, auf Scheuklappen zu verzichten. Bei der AfD hingegen sei er skeptisch. «Mir fallen aus jedem Bundesland Äußerungen von führenden AfD-Politikern ein, wo jedes Gespräch vollkommen unmöglich ist.»

Beifall wurde dem 45-jährigen moderaten Pragmatiker dafür von keiner Seite zuteil. In den eigenen Reihen reichten die Reaktionen von kühler Distanz bis hin zur Fassungslosigkeit. Einer, der es besonders eilig hatte, war Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). CDU und Linkspartei trennten Welten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Deshalb ist das für die Union und erst recht für die CDU Hessen keine Option.»

Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich meinte, «Teile der CDU scheinen völlig die politische Orientierung zu verlieren». In Bayern wird am 14. Oktober gewählt - allerdings ist die CSU einer Koalition mit der LINKEN gänzlich unverdächtig. Der Chef der CDU-Jugendorganisation, Paul Ziemiak, kündigte an: «Die Junge Union wird alles dafür tun, dass es niemals eine Koalition der UNION mit den Linken geben wird. Koalitionen sind nicht nur eine Frage von rechnerischen Mehrheiten, sondern von Grundüberzeugungen.»

Als die Diskussion voll entflammt war, schaltete sich auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ein. «Wir lehnen eine Zusammenarbeit mit LINKEN und AfD weiterhin klar ab. Es reicht nicht, wenn da der eine oder andere pragmatische Kopf dabei ist.»

Günther, der eine geräuschlos arbeitende Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP führt, wurde offenbar unwohl, er zog sich auf ein entschiedenes «Ja, aber» zurück. «Eine Koalition mit der Linkspartei lehne ich entschieden ab», ließ er am späten Samstagnachmittag wissen. Seine Äußerungen hätten sich auf die konkrete Diskussion in der Union für den Fall bezogen, dass nach einer Landtagswahl keine Mehrheiten gegen LINKE und AfD möglich seien.

Eine solche Situation sei der CDU vor zwei Jahren in Sachsen-Anhalt knapp erspart geblieben, so Günther. Wegen der Schwäche der SPD insbesondere im Osten sei die Gefahr dieses Szenarios weiter vorhanden. «Hier habe ich Verständnis für die Position von CDU-Politikern, die aufgeschlossen sind für Gespräche über eine inhaltliche Zusammenarbeit in Sachfragen, um Länder nicht unregierbar zu machen», führte er aus.

Doch selbst im Osten fand Günther mit seinen Überlegungen keinen Zuspruch. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte die Positionen von CDU und Linken für «unvereinbar». Laut der CDU-Chef in Mecklenburg-Vorpommern, Vincent Kokert, fehlen zwar inhaltliche Schnittmengen. Die Linkspartei im Osten erlebe er aber als relativ pragmatische Partei. «Viele ihrer Verantwortungsträger haben keinen Bezug mehr zum DDR-Unrecht.»

Bei der LINKEN selbst hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch erklärte: «Demokratische Parteien müssen gesprächsbereit sein, aber Union und LINKE trennen in zentralen Fragen politische Welten.

SPD-Vize Ralf Stegner und FDP-Chef Christian Lindner hielten Günther inhaltliche Beliebigkeit vor. »Früher rote Socken-Kampagnen gegen die SPD veranstalten, heute aus purem Machterhalt inhaltliche Beliebigkeit bis zum Abwinken sowie gerade im Osten Kapitulation vor den elenden Rechtspopulisten«, twitterte Stegner. dpa/nd Kommentar Seite 4