nd-aktuell.de / 17.08.2018 / Kultur / Seite 15

Latte Marxiato

Der WDR löschte erst eine Sendung mit einem »Barista Antifascista«-T-Shirt, änderte seine Entscheidung dann wieder und entschuldigte sich

Christopher Wimmer

Kaffee und Antifaschismus. Zwei Dinge, die das Leben eindeutig lebenswerter machen. Wenn sie dann auch noch zusammenkommen: umso besser, möchte man meinen. Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender WDR sieht das jedoch scheinbar anders.

Am Montag trat in der Vormittagsshow »Live nach neun« Carlo von Bülow auf, seines Zeichens »Barista«, also professioneller Kaffeemann. Er hatte Anfang des Jahres die Deutschen Kaffeemeisterschaften in der Disziplin »Latte Art« gewonnen und sollte über die Kunst des Schaumschlagens sprechen.

Während des Gesprächs trug Bülow ein T-Shirt, auf dem eine Espressokanne und der Spruch »Barista, Barista, Antifascista« abgebildet waren. Der Spruch geht auf die Zeugenaussage eines Polizisten in einem Prozess gegen Jan »Monchi« Gorkow zurück, den Sänger der Punkband Feine Sahne Fischfilet. Der Polizist beschrieb damals vor Gericht den Schlachtruf einer Gruppe, zu der Monchi gehört haben soll, mit den Worten: »Ich kann kein Spanisch, aber ›Barista, Barista, Antifascista‹ oder so.«

Diese Aussage führte zur Entstehung des fraglichen T-Shirts - und zu großer Heiterkeit in linksbewegten Kreisen. Denn was wohl wirklich skandiert worden war, war der Spruch der Antifaschistischen Aktion: »Alerta, Alerta, Antifascista.« Der oft gehörte Slogan geht zurück auf den Kampf italienischer Antifaschist*innen gegen Benito Mussolini in den 1920er Jahren.

Der Beitrag mit dem Kaffeeschaumprofi wurde wegen des besagten Kleidungsstücks allerdings vom WDR aus der Mediathek entfernt, nachdem der Fernsehsender einem rechten Proteststurm ausgesetzt gewesen war. Die Welle der Entrüstung war von der rechtsextremen Bewegung »Ein Prozent« ausgegangen. Bereits während der Sendung regte sich Protest von rechten Zuschauer*innen. Für den WDR offensichtlich zu viel, und so wurde der betreffende Beitrag aus der Sendung herausgeschnitten.

Nach einer erneuten Bewertung des Sachverhalts revidierte der WDR am Tag darauf diese Entscheidung - und entschuldigte sich via Facebook bei seinen Zuschauer*innen: »Wir haben voreilig eine Passage aus der gestrigen Sendung gelöscht, weil der Gast ein T-Shirt mit einem Spruch getragen hat, der in den sozialen Medien kritisiert wurde. Die Löschung war ein Fehler, den wir bedauern.« Besser spät als nie, lieber WDR!

Bülow selbst wundert sich darüber, dass eine andere WDR-Sendung vom März, in der er das T-Shirt ebenfalls getragen hatte, nicht zu vergleichbaren Problemen geführt hatte. Damals habe er sogar bei der Redaktion nachgefragt, ob er das Shirt in der Sendung tragen könne. Deren Antwort sei gewesen: »Lass das ruhig an. Unser Publikum kann das auch mal vertragen und aushalten.«

Dem ist zweifelsfrei zuzustimmen. Und wer sich von Nazis vorschreiben lässt, was man senden darf oder nicht, hatte vielleicht nur zu wenig Koffein intus. Den Kolleg*innen des WDR daher erst mal eine schöne Kaffeepause!