VW hat noch viel aufzuarbeiten

US-Aufseher findet in erstem Zwischenbericht nach »Dieselgate« zwei Verstößer gegen Auflagen

  • Thomas Strünkelnberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Der von der US-Justiz zur Aufarbeitung des Abgasskandals eingesetzte Aufpasser Larry Thompson hat Volkswagen aufgefordert, sämtliche Informationen zeitnah zur Verfügung zu stellen. Vereinzelt sei er mit der Zurückhaltung bei der Übermittlung bestimmter Informationen nicht einverstanden, hieß es im am Montag veröffentlichten ersten Zwischenbericht Thompsons nach »Dieselgate«. Dort wurden auch zwei Verstöße gegen die Auflagen festgestellt. Volkswagen-Rechtsvorstand Hiltrud Werner erklärte, es gebe große Fortschritte - aber auch immer noch Schwächen.

Thompson beklagte in seinem Bericht, das Unternehmen habe unter Berufung auf das Anwaltsgeheimnis und den Datenschutz Schwärzungen in Dokumenten vorgenommen. VW habe Nachbesserungen zugesagt. Werner betonte: »Wir haben noch ganz schön viel Arbeit vor uns.«

Aufgabe des früheren US-Staatssekretärs Thompson und seines rund 60-köpfigen Teams ist es, VW drei Jahre lang auf die Finger zu schauen, damit sich kriminelles Verhalten wie im Abgasskandal nicht wiederholt. Er überwacht, ob der Autobauer den mit den US-Behörden geschlossenen Milliardenvergleich einhält. VW hatte im September 2015 zugegeben, in den USA die Abgasreinigung von Dieselautos manipuliert und Kunden und Behörden betrogen zu haben.

Kürzlich hatte Thompson fehlende personelle Folgen nach dem Betrug kritisiert. Allerdings kündigte VW nun an, sich von Beschäftigten trennen zu wollen, die in die Abgasaffäre verwickelt waren. VW-Personalvorstand Gunnar Kilian sagte der »Braunschweiger Zeitung«, der Konzern ahnde Regelverstöße »konsequent und der jeweiligen Verantwortlichkeit oder Pflichtverletzung angemessen«.

Der Zwischenbericht Thompsons legte zwei Verstöße bei VW offen - nach Werners Angaben wurde eine Liste von fünf Fragen im Zusammenhang mit der jährlichen Mitarbeiterbefragung »aus Versehen« nicht in die Managerhandbücher aufgenommen. Zudem sei übersehen worden, zehn Tage vor Beginn von Emissionstests für das Modelljahr 2017 die Umweltbehörde CARB schriftlich zu informieren. Thompson sagte aber, VW selbst habe diese Verstöße gemeldet.

Der VW-Aufseher erklärte, es sei verfrüht, zu sagen, wie weit das Unternehmen bei der Umsetzung der Verpflichtungen gekommen sei: »Wir sind eher am Anfang unserer Audit-Arbeit.« Volkswagen solle ein »besseres Unternehmen« werden. Dazu legte er auch Handlungsempfehlungen vor - die betreffen Analysen, ob die umgesetzten Maßnahmen wirklich greifen, aber auch Dokumentationspflichten. Auch schlug er vor, Ungenauigkeiten in Schulungsstatistiken abzustellen. Volkswagen habe zudem eine Reihe von Gremien und Prozessen eingerichtet, um Abgas- und CO2-Ziele für Fahrzeuge festzulegen, und damit die Einhaltung in der gesamten Flotte sicherzustellen.

Thompson überprüft neben der Marke Volkswagen und den sogenannten Konzernfunktionen auch die Tochter Audi, Volkswagen Chattanooga und die Volkswagen Group of America. Werner betonte, Volkswagen wolle auch in Sachen Integrität ein Vorbild sein - dies sei gleichrangig mit finanziellen Kennzahlen und Qualität der Fahrzeuge. Zu den Verstößen sagte sie: »Es ging um Dinge, die wir hätten umsetzen können, wenn wir achtsamer gewesen wären.«

Ziel sei, das im April beschlossene Integritätsprogramm »Together4Integrity« bis 2020 auf die anderen Marken des Konzerns auszudehnen. Damit sollen 70 Prozent der Belegschaft erreicht werden: »Wir haben hier einen Marathon vor uns, dessen Umsetzung Jahre in Anspruch nehmen wird.« Bis 2025 wolle VW alle Tochtergesellschaften weltweit und die 650 000 Mitarbeiter erreicht haben.

Werner machte auch klar, dass die vielbeschworene Verbesserung der Unternehmenskultur für den Konzernvorstand »oberste Priorität« habe. »Für den weiteren Kulturwandel rechne ich mit einem Dekadenhorizont«, sagte sie. Auch der Schulungsaufwand sei hoch: Allein im vergangenen November seien rund 7300 Manager mit Themen rund um Integrität und Unternehmenskultur vertraut gemacht worden. Dies sei auch für andere Marken und Regionen vorgesehen. dpa/nd Kommentar Seite 4

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