nd-aktuell.de / 12.09.2018 / Ratgeber / Seite 23

Wenn das Arbeitszeugnis zu spät datiert ist ...

Urteile im Überblick

Allerdings: Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Az. 2 Sa 332/17) hat in einem Fall entschieden, dass ein Arbeitgeber nicht zwingend verpflichtet ist, das zu tun. Darauf weist der DGB Rechtsschutz hin.

In dem verhandelten Fall endete das Arbeitsverhältnis durch einen gerichtlichen Vergleich. Dem Kläger wurde die Möglichkeit eingeräumt, einen Zeugnisentwurf vorzulegen. Das tat er aber erst zweieinhalb Jahre später. Die verspätete Ausstellung (13 Tage nach Anforderung) folgte laut dem Gericht aufgrund der Nachlässigkeit des ehemaligen Arbeitnehmers. Daher musste der Arbeitgeber der Forderung nach Rückdatierung nicht nachkommen.

Ein anderer Fall liegt vor, wenn Arbeitnehmer das Zeugnis rechtzeitig verlangen und dieses dann Gegenstand eines Prozesses ist. Kommt der Arbeitgeber den vom Gericht entschiedenen, berechtigten Änderungswünschen nur zeitverzögert nach, beruht die verspätete Ausstellung nicht auf Nachlässigkeit des Arbeitnehmers. In so einem Fall entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt bereits im Jahr 1992 (Az. 5 AZR 509/91) für den Arbeitnehmer.

Geringere Sozial- beiträge bei Einkünften unter 850 Euro

Arbeitnehmer, deren Einkommen wegen einer Altersteilzeitvereinbarung unter 850 Euro sinkt, müssen nicht mehr die vollen Sozialbeiträge zahlen.

Das entschied das Bundessozialgericht (Az. B 12 R 4/18 R) in einem am 16. August 2018 bekanntgegebenen Urteil. Danach gelten Vergünstigungen in der sogenannten Gleitzone für Geringverdiener auch dann, wenn ein höheres Einkommen in die Gleitzone absinkt. Das BSG widersprach damit der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Im Streitfall ging es um eine Teilzeitbeschäftigte einer Anwaltskanzlei in Südbaden. Mit ihrem Chef vereinbarte sie ab Anfang 2008 eine Altersteilzeit mit nur acht statt zuvor 16 Wochenstunden. Statt 900 Euro verdiente sie nun zunächst 450 Euro, ab 2009 dann 490 Euro und ab 2012 schließlich 540 Euro brutto monatlich.

Der Arbeitgeber führte für seine Mitarbeiterin weiter Sozialbeiträge ab, berücksichtigte dabei aber die Gleitzone. Diese wurde geschaffen, um die Beitragslast oberhalb von Minijobs abzufedern. Bei den Minijobs werden die Sozialbeiträge pauschal und komplett vom Arbeitgeber bezahlt. In der Gleitzone - heute von 450 bis 850 Euro - bezahlt der Arbeitgeber die regulären Beiträge, die des Arbeitnehmers werden aber nach einer komplizierten Formel gemindert.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund beanstandete dies bei einer Betriebsprüfung und forderte von dem Anwalt für vier Jahre 1524 Euro Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach. Die Vergünstigung gelte nur, wenn das Einkommen zuvor unterhalb der Minijobgrenzen liege - damals bis 400, heute bis 450 Euro.

Dieser bislang üblichen Praxis widersprach nun das Bundessozialgericht. Im Gesetz finde sich dafür keine Grundlage. »Die Gleitzonenregelung gilt entgegen der Ansicht der Beklagten auch für Arbeitsentgelte, die sich aufgrund einer Altersteilzeitvereinbarung auf einen Betrag innerhalb der Gleitzone verringert haben.« Derartige Ausnahmen von der Gleitzonenvergünstigung sehe das Gesetz nicht vor.

Trunkenheitsfahrt kein sozialwidriges Verhalten

Die private Autofahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss mit folgendem Verlust von Führerschein und Arbeitsplatz stellt kein sozialwidriges Verhalten dar. Sie löse deshalb auch keinen Kostenersatzanspruch des Jobcenters aus.

Das geht aus einem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Az. L 6 AS 80/17) hervor, das am 13. August 2018 bekanntgegeben wurde. In dem Verfahren hatte sich der Kraftfahrer gegen die Rückforderung von Grundsicherungsleistungen durch das Jobcenter gewandt.

Der damals 59-Jährige hatte die Geburt seines ersten Enkelkindes gefeiert und dabei Alkohol getrunken. Beim Zigarettenholen mit seinem Pkw wurde er von der Polizei gestoppt, die Beamten stellten einen Blutalkoholgehalt von mehr als 2,3 Promille fest. Der Kläger erhielt eine Geldstrafe wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, und ihm wurde der Führerschein entzogen. Wegen des Entzugs der Fahrerlaubnis kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis, im Anschluss bezog der Kläger Hartz IV.

Weil der Mann die Hilfebedürftigkeit sozialwidrig herbeigeführt habe, machte das Jobcenter einen Ersatzanspruch in Höhe von rund 2600 Euro geltend. Er habe seinen Arbeitsplatz durch eine besonders schwere Verletzung der beruflichen Sorgfaltspflichten und damit das existenzsichernde Einkommen verloren, lautete die Begründung der Behörde.

Das Landessozialgericht missbilligte zwar das Verhalten des Klägers, es sei aber nicht als sozialwidrig einzustufen. Bei der Fahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss in der Freizeit bestehe grundsätzlich kein spezifischer Bezug zur Herbeiführung einer Hilfebedürftigkeit.

Das Gericht schloss sich mit seiner Entscheidung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an. Das hatte eine Sozialwidrigkeit selbst bei Straftaten verneint, die absehbar zu einer Inhaftierung und damit zum Wegfall von Erwerbsmöglichkeiten führen. Agenturen/nd