nd-aktuell.de / 20.09.2018 / Kultur / Seite 12

Ein kulturpolitischer Dauerbrenner

Zum 25. Mal findet an diesem Wochenende in Bernau vor den Toren Berlins das Festival Alter Musik statt

Wolfgang Hübner

Wenn Axel Schauß seine Werkstatt verlässt, auf den Gehweg hinaus tritt und sich nach rechts wendet, braucht er nur ein paar Schritte bis zur Marienkirche. Ein imposantes, fast 500 Jahre altes Bauwerk, das die Innenstadt von Bernau überragt. Schauß ist Tischler und Restaurator; insofern ist es nicht verwunderlich, dass er seine Fähigkeiten auch schon in den Dienst der Marienkirche gestellt hat. Und dass er in einem Verein mitarbeitet, der es sich bei seiner Gründung zur Aufgabe gemacht hat, die Kirche und ihr Inventar zu erhalten - und zwar für die Öffentlichkeit.

Heute gehört Axel Schauß zum Vorstand des Fördervereins Sankt Marien und kümmert sich mit seinen Mitstreitern um weit mehr als Kirchenbänke, Wandbilder und Kanzelfiguren. Das seit inzwischen 25 Jahren stattfindende Festival Alter Musik ist das wohl bekannteste Projekt des Vereins. Jedes Jahr im Spätsommer gastieren hochkarätige Künstler in der kleinen Stadt am nordöstlichen Rand Berlins, die sich mit Barockmusik beschäftigen und sie in möglichst originaler, ursprünglicher Form aufführen.

Gegründet hatte sich der Verein 1991, ziemlich schnell nach dem politischen Umbruch im Osten Deutschlands. 1994 nahm man ein Jubiläum der Kirche, das 475-jährige Bestehen, zum Anlass, um mit einem Musikfestival mehr Menschen in das beeindruckende Gebäude zu locken als Kirchgänger und historisch Interessierte.

Die Premiere wurde ein so ermutigender Publikumserfolg, dass der Förderverein im Jahr darauf Festival Nummer zwei folgen ließ. Nun, an diesem Wochenende, ist der Jubiläumsjahrgang 25 an der Reihe, was man durchaus als imponierende kulturpolitische Leistung bezeichnen darf. Denn wer am Rande der Millionenstadt Berlin, noch im Einzugsgebiet der S-Bahn, Kultur organisiert, muss sich gegen die Konkurrenz des gewaltigen Angebots dieser Metropole behaupten. Was nur gelingt, weil der Förderverein immer wieder nach Unterstützern sucht und sich für das Festival auf viele kleinere und größere Sponsoren verlassen kann: Land, Kreis und Kommune, Sparkasse und Medien, kommunale Unternehmen und Gewerbetreibende, Anwälte, Ärzte, Buchhändler und viele andere Bürger.

Im Mittelpunkt stand von Beginn an die so genannte Alte Musik, für die Namen wie Händel, Bach, Purcell und Monteverdi stehen. Im Laufe der Zeit wechselnde Partner des Fördervereins bei der Programmgestaltung sorgten zuweilen für spektakuläre künstlerische Kontraste, erinnert sich Axel Schauß; etwa, als beim Festival auch die Veteranen der elektronischen Musik von Tangerine Dream auf der Bühne standen.

Seit einigen Jahren liegt die Verantwortung für das Festivalprogramm bei der Lautten Compagney aus Berlin. Das international renommierte Barockensemble bestreitet jedes Jahr ein oder zwei Konzerte in Bernau (an diesem Sonntag ein musikalisch-literarisches Programm mit dem Schauspieler Gustav Peter Wöhler und Musik von Händel und anderen) und lädt immer wieder interessante, überraschende, in jedem Falle exzellente Künstlerkollegen ein. Diesmal sind es das spanische Ensemble Le Trendre Amour mit einer szenischen Aufführung des Oratoriums »Esther«von Cristiano Giuseppe Lidarti und das Trio des chinesischen Musikers Wu Wei. Dessen Interpretationen von Barockmusik auf der Mundorgel Sheng und seine Improvisationen über chinesische Folklore können sich in ihren Cross-over-Qualitäten mit der Tangerine-Dream-Episode jederzeit messen.

Festival Alter Musik in Bernau vom 21. bis 23. 9.; Informationen zum Programm: www.altemusik-bernau.de[1]

Links:

  1. http://www.altemusik-bernau.de