nd-aktuell.de / 22.09.2018 / Kultur / Seite 29

Doppelter Lord

Schach mit Carlos Garcia Hernández

Carlos Garcia Hernández

Eine unsterbliche Dame, die sich in einen jungen Mann verliebt, die aber, um ihn heiraten zu können, auf ihre Unsterblichkeit verzichten muss. Davon handelt »Die Königstochter aus Elfenland«, wohl eine der schönsten Erzählungen von Edward John Moreton Drax Plunkett, 18. Baron Dunsany (1878 in London - 1957 in Dublin). Diese Geschichte, sowie viele andere seiner Texte, entwickelt sich in einer fantastischen bis magischen Atmosphäre. Dazu gehört natürlich auch, dass die Figuren über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen: schnell weite Räume zu überbrücken, geschickte Haken zu schlagen, exzellente Kampfkräfte entfalten zu können.

Genau besehen erinnern sie so mitunter an Schachfiguren. Besonders wenn man weiß, dass das Schachspiel neben der Schriftstellerei die zweite Begabung von Lord Dunsany war. Er komponierte Hunderte von Aufgaben und Schachpuzzles für »The Times« und andere Publikationen. Er erfand sogar einen ganz neuen Modus des Schachspiels, das sogenannte Dunsanys Schach, in der ein Spieler mit den normalen Figuren gegen 32 Bauern der anderen Farbe spielt.

Außerdem war Lord Dunsany ein sehr starker aktiver Schachspieler. So gelang ihm 1929 in einem Simultanspiel gegen den damaligen Ex-Weltmeister José Raúl Capablanca (Kuba; 1888 - 1942) ein Remis. Darüber hinaus war er Präsident des Irischen Schachbundes und 54 Jahre lang Mitglied des Sevenoaks Chess Club.

Der US-amerikanische Schriftsteller H. P. Lovecraft (1890 - 1937), der ähnlich Lord Dunsany im Fantastikgenre brillierte, sagte, dass ihn Dunsany ob dessen Doppelgenialität »mehr als alles anderes in der modernen Literatur anlockt«.

Wir stellen heute zwei Kompositionen von Dunsany vor. Die erste ist eine Schachaufgabe aus dem Jahr 1928, in der Weiß am Zug ist und in zwei Zügen gewinnt. Es gibt drei mögliche Lösungen, wobei man darauf achten muss, dass Schwarz nicht rochieren kann.

Die zweite Komposition ist ein Schachpuzzle aus dem Jahr 1926. Das Besondere in diesem Fall ist, dass man nur die schwarzen Figuren auf dem Brett sieht. Die Aufgabe besteht darin, mit den weißen Figuren eine weiße Stellung zu bauen, in der Weiß am Zug ist und in einem Zug gewinnt.