nd-aktuell.de / 25.09.2018 / Politik / Seite 8

Wenn Micky und Minnie Maus obdachlos sind

Disneyland USA bezahlt bislang mies. Nun gab es eine Einigung - doch zum Leben reicht der Lohn weiterhin kaum

Alina Leimbach

Eigentlich gelten die Disneylands als Sehnsuchtsorte. »Wo Träume wahr werden«, warben sie in den USA lange Jahre für sich selbst. Doch die Arbeiter*innen in den profitablen Vergnügungsparks werden teilweise so schlecht bezahlt, dass sie obdachlos sind. Seit einige Monaten demonstrieren die Beschäftigten nun für bessere Löhne. Teilweise sogar noch in ihren Darstellerkostümen, verkleidet als Micky oder Minnie Maus, ziehen sie durch die Straßen. »Was ist mit unseren Träumen?«, fragen sie auf Schildern.

2016 hatte der Fall einer im Auto lebenden Disneyland-Mitarbeiterin für Schlagzeilen gesorgt. Die 61-Jährige hatte sieben Jahre lang in ihrem Honda gelebt, weil sie sich von dem kargen Gehalt keine Wohnung leisten konnte. Derzeit liegen die Löhne vieler einfacher Mitarbeiter*innen der Vergnügungsparks in Kalifornien und Florida bei etwas mehr als zehn Dollar Stundenlohn. Die Gegenden, in denen die Parks liegen, gelten als teuerste Wohngegenden der Regionen.

Mittlerweile haben sich Gewerkschaft und Unternehmen auf leichte Lohnerhöhungen geeinigt. Am Wochenende stimmten Arbeiter*innen der Parks in Kalifornien einem Vorschlag auf bessere Bezahlung für die Beschäftigten der Hotels zu. Statt wie bislang rund zehn Dollar Einstiegsgehalt zu erhalten, hat die Gewerkschaft »Unite Here Local 11« eine Lohnsteigerung um 40 Prozent für die Hotelangestellten erstritten. Ab 2019 sollen die Löhne auf mindestens 15 Dollar Einstiegsgehalt steigen, die anderen erhalten teilweise noch etwas mehr. Das Ganze gilt für rund 2 700 Angestellte. Schon im Juli gab es eine erste Einigung mit drei anderen Gewerkschaften. Für fast 10 000 Angestellte in Kalifornien und Florida, darunter die Kostümdarsteller und Eingangskontrolleure wurde eine Erhöhung auf mindestens 15 Dollar beschlossen. Sowohl Disney als auch die Gewerkschaften feiern das als große Einigung.

Doch es gibt gleich mehrere Wermutstropfen. Denn die nun erkämpfte Lohnerhöhungen gelten nur für die Gewerkschaftsmitglieder. Insgesamt hat Disney alleine am Standort Anaheim mehr als 20 000 Angestellte und ist der größte Arbeitgeber im Bezirk Orange County. Ähnliche Bedeutung haben die Themenparks auch in Florida.

Fraglich ist auch, inwieweit die zwar erst einmal ordentlich klingende Gehaltserhöhungen helfen, Obdachlosigkeit und Armut bei den Beschäftigten effektiv zu verhindern. Berechnungen eines von der Gewerkschaft beauftragten Thinktanks ergaben, dass 23 Dollar Stundenlohn nötig wären, um Miete, Rechnungen und Essen stabil zahlen zu können.

Dazu kommt: Das Einlenken des Disney-Konzerns bei der Gehaltsfrage hat ein offensichtliches Geschmäckle. Kalifornien plant derzeit ein Gesetz, das den Mindestlohn für Unternehmen deutlich anheben würde, die vom Land Subventionen erhalten haben. Da auch Disney Subventionen erhalten hat, wären auch die Disney-Themenparks verpflichtet, 18 Dollar Mindestlohn zu zahlen. Lieber zahle es die Subventionen zurück, als bessere Löhne, kündigte das Unternehmen bereits an.

Leisten könnte sich Disney eine satte Gehaltserhöhung. Gerade die Parks gelten als sehr rentabel. Laut Informationen des Wirtschaftsnachrichtenportals Bloomberg stieg der Gewinn im letzten Quartal 2017 um 21 Prozent auf 1,34 Milliarden Dollar. Damit sind die Parks zum profitabelsten Teil des Unternehmens aufgestiegen - und erzielen sogar mehr Gewinn als die TV-Sparte.