nd-aktuell.de / 11.10.2018 / Politik / Seite 6

»Weiße Wölfe« vor Gericht

Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung / Ein Beschuldigter distanziert sich vom rechten Milieu

Jana Frielinghaus

Die Neonazikameradschaft »Weiße Wölfe Terrorcrew« (WWT) war eine bundesweit agierende Organisation. Im März 2016 hatte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sie verboten, nachdem bei Mitgliedern Waffen und Sprengstoff gefunden worden waren. Zu diesem Zeitpunkt waren die drei Männer und eine Frau, die sich seit am Mittwoch vor dem Landgericht Bamberg verantworten müssen, bereits als Mitglieder der Organisation bekannt.

Sie waren im Oktober 2015 verhaftet worden, später aber wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Erst im September 2016 eröffnete die Staatsanwaltschaft Bamberg Ermittlungsverfahren gegen sie. Obwohl die Organisation den Anspruch, Angst und Schrecken zu verbreiten, schon im Namen trägt, lautet die Anklage nicht auf Bildung einer terroristischen Vereinigung nach Paragraf 129a des Strafgesetzbuchs (StGB). Ihnen wird lediglich vorgeworfen, eine »kriminelle« Gruppe gebildet zu haben, für die laut § 129 eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen ist. Dagegen stehen allein auf die Mitgliedschaft in einer als »terroristisch« eingestuften Organisation bis zu zehn Jahre Haft.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten Straftaten wie Körperverletzung, Vergehen nach dem Sprengstoffgesetz und Störung des öffentlichen Friedens vor. Staatsanwalt André Libischer führte am Mittwoch aus, sie hätten sich ab dem Frühjahr 2014 als Mitglieder im Führungszirkel der WWT-Sektion Bayern-Franken radikalisiert. Ihr Ziel sei es gewesen, Linke und Ausländer zu bekämpfen. Zwei von ihnen hätten am 19. August 2015 gegenüber einem Wachmann mit einem Angriff auf eine Bamberger Asylunterkunft gedroht. Sie hätten dabei Bezug auf die Ereignisse im Rostocker Ortsteil Lichtenhagen 1992 genommen. Damals hatten Anwohner und Neonazis unter dem Applaus Tausender Schaulustiger die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter angegriffen und teils in Brand gesetzt. Die Angeklagten sollen zudem ein linkes Café angegriffen und bei einer von ihnen provozierten Attacke mehrere Menschen verletzt haben. Ermittler stellten bei den Beschuldigten fast 80 Kilogramm Feuerwerkskörper sicher, eine weitere Lieferung konnte die Polizei abfangen.

Zum Prozessauftakt distanzierte sich einer der Angeklagten vom rechten Milieu. Er räumte ein, Mitglied der »Terrorcrew« gewesen zu sein. Er habe diese aber gleich nach seiner Festnahme 2015 verlassen und nichts von deren Straftaten gewusst, ließ der 26-Jährige seinen Verteidiger erklären. Zugleich gab er zu, an einer Schlägerei beteiligt gewesen zu sein und verbotene Pyrotechnik bestellt zu haben. Auch ein 32-Jähriger Angeklagter betonte, er habe von Straftaten nichts gewusst. Der dritte Beschuldigte schwieg, die Frau äußerte sich nur zu persönlichen Details. Für den Prozess sind bis Ende Januar 26 weitere Verhandlungstage angesetzt. Er hat vor allem vor dem Hintergrund der Festnahme von sieben mutmaßlichen Rechtsterroristen aus Sachsen und Bayern am 1. Oktober besondere Brisanz, gegen die die Bundesanwaltschaft ermittelt.

Gegen die WWT hatte die Bundesbehörde 2012 ebenfalls ein Ermittlungsverfahren eingeleitet - und 2014 eingestellt. Mit Agenturen