nd-aktuell.de / 23.10.2018 / Berlin / Seite 10

Ausstellung kontra den Rechtsruck

Initiativen planen eine historische Schau über Aktivisten, die der extremen Rechten Widerstand geleistet haben

Julian Seeberger

Der gegenwärtige Rechtsruck trifft weite Teile der Gesellschaft unvorbereitet. Vielen erscheinen die Entwicklungen neu, praktische Antworten zu finden fällt oftmals schwer. Eine gemeinsame Ausstellung des Antifaschistischen Pressearchivs und Bildungszentrums Berlin (apabiz) und des Aktiven Museums Faschismus und Widerstand in Berlin könnte zukünftig wertvolle Hinweise geben. Ab Ende März 2019 wird sie über die extreme Rechte in Berlin seit den 1950er Jahren informieren - und über die Gegenwehr der Stadtgesellschaft.

Die Ausstellung richtet sich dabei nicht nur an Geschichtsinteressierte: »Aktuelle Bezüge spielen im Subtext immer eine Rolle. Beispielsweise betrachten wir Wahlkämpfe in Westberlin in den 1950er Jahren, da schwingen bei der Betrachtung sicher heutige Entwicklungen wie etwa die AfD mit«, erklärt Kilian Behrens vom apabiz dem »nd«. Anhand von zehn konkreten Ereignissen soll so über Handlungsfelder und Gruppen der extremen Rechten sowie über deren Ausmaß und Traditionslinien aufgeklärt werden. Das Wissen vieler, insbesondere jüngerer Menschen setze hierzu häufig erst in den 1990er Jahren ein. »Tatsächlich beginnt das aber ja viel früher«, sagt Behrens. »Mit Blick auf heute wollen wir auch Widerstand und Entwicklungen in der Stadtgesellschaft und Reaktionen ›von unten‹ zeigen. Gerade auch gegen ein heute weit verbreitetes Gefühl, dass man nichts gegen den Rechtsruck ausrichten kann.«

Über zwei Jahre hinweg soll die Ausstellung deshalb an alltäglichen Orten wie Bezirksrathäusern, Hochschulen und Schulen sowie Museen kostenlos informieren. Neben Bildern, kurzen Texten, historischen Quellen und Zeitzeugeninterviews wollen die Initiativen zudem auch digitale und audiovisuelle Formate zur Verfügung stellen. Dafür werben sie derzeit um finanzielle Unterstützung. »Bis Ende des Monats läuft noch ein Crowdfunding, für das wir Interessierte und unsere Unterstützer*innen um Spenden bitten«, erklärt Behrens. »Man kann Leuten ewig von etwas erzählen, aber man wird diese bedrohliche Atmosphäre nie so eindringlich vermitteln können, wie es zum Beispiel ein kurzer Audiomitschnitt einer rechten Demo tut oder Videoaufnahmen davon.« Der Einsatz unterschiedlicher Medien solle auch helfen, die historische Distanz zu verringern und möglichst viele Menschen anzusprechen.

Wichtig sei, die Gesellschaft in der Breite zu sensibilisieren. »Ich glaube, die Proteste, die erfolgreich waren, waren möglichst breite Bündnisse«, so Behrens. »Es wäre natürlich schön, wenn über die Dauer der Ausstellung Tausende Leute auf das Thema aufmerksam gemacht werden könnten. Und tatsächlich denken wir, dass es wichtig wäre, in diesen Zeiten gegen den gesellschaftlichen Trend eine positive Antwort zu formulieren.« Doch selbst wenn es nur gelänge, einige Wenige aufmerksam zu machen, sei schon viel erreicht. Denn es gehe auch darum, deutlich zu machen, »dass die Auseinandersetzung jenseits von staatlicher Verbotspolitik und geheimdienstlicher Intervention vor allem durch eine kritische Zivilgesellschaft geführt worden ist«, heißt es in einem Spendenaufruf des apabiz. Anhand von Geschichte wolle man auch dazu ermutigen, den Rechtsruck nicht unwidersprochen zu lassen, sondern selbst aktiv zu werden. So erklärt Behrens: »Mir hilft es schon sehr zu sehen, dass Widerstand möglich ist und erfolgreich sein kann.«

www.apabiz.de[1]

Links:

  1. http://www.apabiz.de