nd-aktuell.de / 24.10.2018 / Ratgeber / Seite 20

Klappe auf, Klappe zu

Urteile deutscher Gerichte zum Thema Briefkasten

Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat einige Fälle ausgesucht, in denen sich deutsche Gerichte mit Briefkästen ausein-ander setzen mussten und zum Teil zu Grundsatzurteilen kamen.

Funktionsuntüchtig

Wenn ein Mieter über einen längeren Zeitraum nichts gegen einen funktionsuntüchtigen Briefkasten unternimmt, dann ist er auch persönlich für eine fehlgeschlagene Postzustellung verantwortlich. Ein Betroffener hatte es etwa ein Jahr nicht reklamiert, dass die Klappe fehlte. Als der Vermieter ihm dann aber ein Mieterhöhungsverlangen zustellte, berief er sich plötzlich auf den defekten Briefkasten und behauptete, das Schreiben habe ihn nicht erreicht.

Das Amtsgericht Berlin-Wedding (Az. 18 C 380/15) akzeptierte diese Ausrede nicht. Der Mieter habe sich nicht mit der fehlenden Klappe herausreden können.

Schlüssel weg

Auch ein verschwundener Briefkastenschlüssel bewahrt einen Wohnungsbesitzer nicht davor, seinen Posteingang zu überwachen. Ein junger Mann behauptete, seine Ehefrau habe im Zuge eines Streits die Wohnung verlassen und dabei den Schlüssel mitgenommen. Erst elf Tage später hatte er wieder Zugang - und in dieser Zeit ein wichtiges amtliches Schreiben mit Fristsetzung versäumt. Das Oberlandesgericht Hamm (Az. 4 Ws 103/16) wies den Mann darauf hin, dass er sich viel früher um seine Post hätte kümmern müssen.

Keine Werbung

Die Verteiler eines kostenlosen Werbeblattes hatten keinen Zugang zu den innenliegenden Briefkästen eines Hauses und legten deswegen die Blättchen in einem Stapel vor der Türe ab. Auch nach mehrfacher Aufforderung des Eigentümers, dies zu unterlassen, machten sie weiter.

Das Amtsgericht Magdeburg (Az. 150 C 518/17) bezeichnete das als einen nicht zulässigen Eingriff in fremdes Eigentum und untersagte es, zumal es sich hier um ein reines Anzeigenblatt handle, in dem auch noch die Artikel werbenden Charakter hätten.

Kein Wunschort

Ein Mieter kann es sich nicht heraussuchen, ob sich in einem Mehrfamilienhaus die Briefkastenanlage im Inneren des Gebäudes oder Außen befindet. Das ist Sache des Eigentümers. Das Landgericht Frankfurt/Oder (Az. 6a S 126/09) versagte einem Mieter die gewünschte Mietminderung, weil ihm nur Briefkästen im Hausflur zur Verfügung standen. Zwar müsse ein Vermieter grundsätzlich die ordnungsgemäße Postzustellung ermöglichen, aber das funktioniere auch mit der angebotenen Lösung.

DIN-Normen entsprechen

Umgekehrt gilt, dass der Briefkastenschlitz einer Mietwohnung den DIN-Normen entsprechen muss. Ist das nicht der Fall, kommt eine monatliche Mietminderung in Frage. In einer Berliner Wohnanlage hatte der Schlitz lediglich das Format 18 x 3 Zentimeter, obwohl die DIN-Vorschrift eine Breite von 32,5 Zentimetern vorsah. Das Amtsgericht Charlottenburg (Az. 27 C 262/00) entschied, diese Lösung entspreche nicht den Anforderungen der heutigen Zeit. Der Eigentümer musste nachbessern, wenn er nicht eine dauerhafte Minderung riskieren wollte.

Knicken geht gar nicht

Ein weiteres wichtiges Kriterium für einen Briefkasten ist es nach Meinung des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Az. 33 C 3463/15), dass Briefumschläge im Format DIN-A-4 komplett eingeworfen werden können und nicht herausragen beziehungsweise geknickt werden müssen. Zwar hatte der Mieter vor Vertragsschluss den Zustand des Briefkastens gesehen und nicht dagegen interveniert. Aber angesichts der untergeordneten Bedeutung dieser Frage bei der Anmietung einer Wohnung sah ihm das Gericht dies nach.

Materialermüdung

Briefkastenschlüssel sind oft nicht so stabil wie Haus- oder Wohnungsschlüssel. Einem Mieter in Halle brach der Schlüssel ab, woraufhin der Eigentümer die Kosten für den Austausch des Schlosses ersetzt haben wollte. Das Amtsgericht Halle (Az. 93 C 4044/08) stimmte diesem Ersatzanspruch nicht zu. Es könne sich auch um eine Materialermüdung handeln, die der Mieter nicht zu verantworten habe. Zumindest müsse man das im Zweifel so sehen.

Wer wohnt denn hier?

Unbedingt zu einem Briefkasten gehört es, dass darauf auch der Name des Bewohners verzeichnet ist. Wenn das nicht der Fall ist, dann kann man das als ein schuldhaftes Verhalten betrachten. In diesem Falle haftet der Betroffene dann selbst für die entstehenden Folgen. Ein Mann in Hessen hatte auf dem Briefkasten, der sich am am Eingangstor der Hofeinfahrt befand, nur einen Firmennamen stehen, nicht aber seinen eigenen Namen. Das war dem Landessozialgericht Hessen (Az. L 6 SO 78/07) zu wenig, es akzeptierte diese Entschuldigung für ein entstandenes Fristversäumnis nicht.

Selbst ist der Mann

Wenn der Eigentümer keinen gebrauchstüchtigen Briefkasten zur Verfügung stellt, darf sich der Mieter selbst helfen.In dem Fall gab es zwar einen Briefkasten an der Toreinfahrt, doch der war einerseits für die schwerbehinderte Mieterin zu weit entfernt und andererseits nicht gut vor Witterung und Nässe geschützt. Die Betroffene brachte am Haus einen eigenen Briefkasten an, was das Amtsgericht Kleve (Az. 35 C 110/15) als angemessen bezeichnete. Ein weiteres Argument war, dass der Briefkasten gelegentlich stark von Pflanzen umwuchert gewesen war. LBS/nd