nd-aktuell.de / 06.11.2018 / Politik / Seite 3

Zweite Chance für Straftäter

In Florida wird darüber abgestimmt, ob ehemalige Häftlinge zukünftig ihr Wahlrecht zurückerhalten.

Moritz Wichmann

In Florida dürfen rund zehn Prozent der Bevölkerung nicht wählen, weil sie Straftäter sind oder einmal waren. Die Initiative »Floridians for a fair Democracy« (»Floridianer für eine faire Demokratie«) will das ändern. »Die Menschen in Florida glauben, dass jeder eine zweite Chance verdient hat«, so die Initiative. Doch aktuell werden Straftäter im »Sunshine State« lebenslang von Wahlen ausgeschlossen. Zukünftig sollen sie ihr Wahlrecht laut einer Volksabstimmung, die parallel zu den Zwischenwahlen stattfinden wird, automatisch zurückerhalten. Das soll dann gelten, wenn sie ihre Haftzeit abgesessen und alle weiteren Auflagen erfüllt haben. Ausgenommen sind wegen Mord und sexueller Straftaten Verurteilte.

Rund 850 000 Menschen hatten für die Initiative unterschrieben, die der American Civil Liberties Union nahesteht. Nur drei weitere Bundesstaaten verwehren derzeit Straftätern lebenslang das Wahlrecht: Kentucky, Iowa und Virginia. Doch der »Champion der Entrechtung von Ex-Straftätern« ist Florida. Hier sind landesweit die meisten Menschen, deren Vergehen teils jahrelang zurückreichen, von Wahlen ausgeschlossen.

Seit 1868 verbietet es die Verfassung Floridas Straftätern zu wählen, wenn sie nicht vom Gouverneur dazu »begnadigt« werden. Zu Beginn des Jahres erklärte eine Bundesrichterin diesen Wahlausschluss für verfassungswidrig. Der Staat ging in Berufung. darüber wird jedoch erst nach der Volksabstimmung entschieden.

Viele der 1,5 Millionen ehemaligen Häftlinge Floridas sind Schwarze und Latinos, eher jung, und oft kaum gebildet. Die Wahlbeteiligung dieser Gruppe, die sich in anderen Staaten überwiegend als Wähler der Demokraten registrieren lässt, ist laut Studien mit 20 Prozent besonders niedrig und trotzdem könnte sie ausreichen, um die politische Balance in Florida zugunsten der Demokraten zu verschieben. Würden 75 Prozent von ihnen demokratisch wählen, wären das 260 000 neue Wähler für die Partei - mehr als genug, um aus dem heiß umkämpften Swing State Florida bei Präsidentschaftswahlen in vielen Fällen einen »blauen« Bundesstaat zu machen. Donald Trump gewann hier 2016 mit einem Vorsprung von 113 000 Stimmen. Bei der berüchtigten Neuauszählung der Stimmen im Jahr 2000 gewann George W. Bush bei der Präsidentschaftswahl hier sogar nur mit rund 500 Stimmen Vorsprung.

Laut einer Umfrage der University of Florida von Ende Oktober lag die Unterstützung für die Wahlinitiative bei 69 Prozent - nötig sind mindestens 60 Prozent Zustimmung. Die Zustimmung für »Amendment 4« sei im Vergleich zur letzten Umfrage aus dem September jedoch um neun Prozent gefallen, vermutlich, weil »einige republikanische Kandidaten Zweifel an der Verfassungsänderung geäußert haben«, schreiben die Forscher.