nd-aktuell.de / 13.11.2018 / Sport / Seite 16

Streit ums Geld überschattet Olympiareferendum

Die Bürger Calgarys stimmen über eine Bewerbung um die Winterspiele 2026 ab. Lehnen sie diese ab, wird das Kandidatenfeld sehr klein

Christina Horsten, Calgary

Katarina Witt holte Eiskunstlaufgold für die DDR, Marina Kiehl gewann die alpine Abfahrt für die Bundesrepublik. Die meisten Medaillen erkämpfte die Sowjetunion, aber die heimlichen Stars waren der britische Skispringer Michael Edwards (»Eddie the Eagle«) und das jamaikanische Bobquartett, das sich zum ersten Mal für Olympia qualifiziert hatte. Disney verarbeitete ihr Abenteuer sogar zum Erfolgsfilm »Cool Runnings«. Organisatorisch lief nicht alles glatt, aber insgesamt boten die Olympischen Winterspiele 1988 in Calgary ein unterhaltsames Programm mit hoher sportlicher Qualität.

Gibt es 38 Jahre später eine Wiederholung? Calgary hat sich erneut beworben, diesmal um die Spiele 2026, aber der Widerstand ist groß. Fast wäre das Projekt schon ganz geplatzt, nachdem offene Finanzierungsfragen zwischen dem kanadischen Staat, der Provinz Alberta und der Stadt zu Streit geführt hatten.

Die Kosten für Olympia liegen laut TV-Sender CBC bei umgerechnet rund 3,5 Milliarden Euro, von denen rund 2,0 Milliarden aus Steuermitteln kommen sollen. In letzter Minute gab es einen Kompromiss, trotzdem sprach sich der Stadtrat mehrheitlich für einen sofortigen Stopp der Kandidatur aus.

An diesem Dienstag dürfen aber die Bürger Calgarys per Referendum entscheiden. »Sind Sie dafür oder dagegen, dass Calgary die Olympischen Winterspiele 2026 austrägt?«, wird auf dem Wahlzettel gefragt. Beobachter rechnen mit einer hohen Wahlbeteiligung. Schon vor dem Wahltag hatten rund 55 000 Menschen ihre Stimme in Wahllokalen oder per Brief abgegeben. Letzte Umfragen sahen die Olympiagegner vorn.

Kritiker sagen, die Kosten für die Spiele seien zu hoch und die Budgetvorschläge unrealistisch. Befürworter meinen, die Kosten könnten im Rahmen gehalten werden, weil weniger neue Wettkampfstätten gebaut, sondern alte renoviert werden könnten. Zudem bringe die Austragung der Spiele Investitionen und Prestige mit sich. Calgarys Bürgermeister Naheed Nenshi befürwortet eine Kandidatur: »Jeder weiß, dass ich Olympia liebe.«

Sollten sich die Bürger gegen die Bewerbung entscheiden, blieben nur noch Stockholm und Mailand in Verbindung mit Cortina d’Ampezzo als Kandidaten übrig. In Schwedens Hauptstadt gibt es aber ebenfalls politischen Widerstand, in Italien ist eine Finanzierung unklar. IOC-Präsident Thomas Bach hatte sich zuletzt lobend über die italienische Bewerbung geäußert: »Diese Kandidatur ist sehr stark.« Bislang wird sie aber nur von den Regionen Lombardei und Venetien finanziell getragen - aber nicht von der Staatsregierung in Rom.

Zuletzt hatten Buenos Aires und Ushuaia auf Feuerland angekündigt, nachträglich eine Bewerbung zu prüfen. Bach schloss allerdings aus, dass das Verfahren noch einmal eröffnet wird. Denn es ist erklärter Wille des IOC, mit den Spielen in eine traditionelle Wintersportregion zurückzukehren. dpa/nd