nd-aktuell.de / 01.12.2018 / Kultur / Seite 40

Der Vater der Science-Fiction

Ralf Junkerjürgen stellt in seiner Biografie das Werk von Jules Verne in den Kontext seiner Zeit

Holger Teschke

Als Jules-Gabriel Verne am 24. März 1905 in Amiens im Alter von 77 Jahren starb, hatte er über sechzig Romane verfasst, dazu Bühnenstücke, Erzählungen, Essays und fünf umfangreiche Sachbücher.

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Ralf Junkerjürgen: Jules Verne.[1]
wbg Theiss, 260 S. m. Abb., geb., 24 €.

Damit stand er neben Balzac, Maupassant und den Dumas in der Reihe der produktivsten und am meisten gelesenen französischen Autoren des 19. Jahrhunderts.

Seine Romane dienten seit 1902 auch als Vorlagen für Filme und Fernsehserien, die dafür gesorgt haben, dass sein Werk noch heute in fast allen Sprachen der Welt gelesen wird.

1928 als Sohn eines angesehenen Anwalts in Amiens geboren, interessierte er sich schon als Schüler für Literatur und Technik. Nach seinem Jurastudium in Paris und ersten schriftstellerischen Versuchen für Theater und Oper heiratete er 1857 eine junge Witwe mit zwei Töchtern und musste nun eine Familie ernähren. 1861 lernte er den Verleger Pierre-Jules Hetzel kennen, der zwei Jahre später seinen ersten Roman »Fünf Wochen im Ballon« veröffentlichte und bis zu dessen Tod sämtliche Romane Vernes herausbrachte. Es folgten in kurzen Abständen »Die Reise zum Mittelpunkt der Erde« und »20 000 Meilen unter den Meeren«, die das Genre des »Wissenschaftlichen Romans« begründeten, das heute als »Science-Fiction« in den Regalen steht.

Der Kulturwissenschaftler Ralf Junkerjürgen stellt in seiner neuen Biografie das Werk von Jules Verne in den Kontext seiner Zeit und zeigt, dass dessen Romane damals keineswegs so fantastisch waren, wie heute angenommen wird. Sie überschnitten sich oft mit aktuellen wissenschaftlichen und technischen Vorstößen, wie etwa der Afrika-Expedition von John Hanning Speke oder den Ballon-Experimenten des Fotografen Nadar.

Neuartig sind seine Helden, die nicht mehr nur auf Abenteuer oder Eroberung aus sind, sondern auf wissenschaftliche Entdeckungen, und dafür ihre Bibliotheken und Labore in modernen Luft- und Wasserfahrzeugen verlassen.

Vernes geschäftstüchtiger Verleger gründete dafür eigens die Reihe der »Außergewöhnlichen Reisen«, in der auch weitere Klassiker wie »Von der Erde zum Mond«, »Die Kinder des Kapitän Grant« und »Die Erfindung des Verderbens« erschienen. Seit 2012 werden diese Romane in der renommierten Edition Pléiade neu herausgegeben. Ralf Junkerjürgen ist mit seiner Biografie eine ebenso kenntnisreiche wie lesenswerte Darstellung von Leben und Werk Jules Vernes gelungen, die dazu anregt, die Bücher des »Gründervaters der Science-Fiction« wieder zur Hand zu nehmen.

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