nd-aktuell.de / 04.12.2018 / Politik / Seite 6

Dänemark integriert nicht mehr

Rechte Volkspartei setzt ein Anti-Migrations-Gesetzpaket durch / Abgewiesene Asylbewerber werden ab 2021 auf der Insel Lindholm untergebracht

Andreas Knudsen

Wir sind wieder da! So könnte die Dänische Volkspartei es formulieren, nachdem sie die Verhandlungen mit den drei bürgerlichen Parteien der Regierung von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen zum Staatshaushalt 2019 abgeschlossen hatte. Verglichen mit den eher bescheidenen Erfolgen der vergangenen Jahre glückte den Rechten diesmal der große Wurf: der offizielle Paradigmenwechsel in der Ausländerpolitik.

Nicht mehr die Integration von Flüchtlingen soll im Mittelpunkt dieser stehen, sondern Rückkehr in die Heimat, sobald es die Verhältnisse dort erlauben. Die entsprechenden Gesetze werden umformuliert, so dass Flüchtlinge künftig nur noch vorläufige Aufenthaltsgenehmigungen erhalten werden. Das Integrationsgesetz wird dahingehend geändert, dass der Aufenthalt nur zeitweilig ist und alle Aspekte der Integration in die dänische Gesellschaft dem untergeordnet sind.

So sollen Sprachkenntnisse, ein Arbeitsplatz oder Teilnahme am Vereinsleben, die bislang Vorteile bei der Erteilung dauerhafter Aufenthaltsgenehmigungen brachten, keine Rolle mehr spielen. Als wichtig gilt hingegen von nun an, dass Flüchtlinge weiterhin ihre Muttersprache beherrschen. Ein Rechtsanspruch auf Wohnung für Flüchtlinge wird es künftig nicht mehr geben. Das jetzt gezahlte und nicht gerade üppige Integrationsgeld wird künftig Selbstversorgungs- und Heimkehrleistung heißen und gleichzeitig gekürzt.

Das Signal an Flüchtlinge: Zeitweiliger Schutz ist möglich, weil es internationale Konventionen gebieten, aber dauerhaft erwünscht sind sie nicht. Heute bleiben 90 Prozent der anerkannten Flüchtlinge im Land. Mit dem Paradigmenwechsel soll hier eine Änderung erzwungen werden.

Kriminelle Flüchtlinge oder abgewiesene Asylbewerber werden zudem ab 2021 auf der Insel Lindholm untergebracht. Eine hier gelegene Tierseuchenforschungsanstalt wurde in diesem Sommer geschlossen und wird nun umgebaut zu einem Abschiebelager. Die sieben Hektar große Insel ist unbewohnt. Diverse Hilfsorganisationen haben ihre juristischen Bedenken angemeldet, müssen aber erst die Ausformung der entsprechenden Gesetze abwarten, bevor sie aktiv werden können. Die Idee ist im Übrigen nicht neu: Sie wurde schon vor 18 Jahren von einer sozialdemokratischen Ministerin ins Spiel gebracht. Einziger Kritikpunkt der Sozialdemokraten, die gute Chancen auf den Wahlsieg 2019 haben, ist übrigens die fehlende Hilfe in Krisengebieten.

Dass so weitreichende Beschlüsse zusammen mit dem Staatshaushalt verhandelt werden, ist seit etwa 20 Jahren üblich. Die Parteien sehen hier ihre besten Chancen, wichtige Programmpunkte durchzusetzen. Für die Dänische Volkspartei ist die Ausländerfrage die wichtigste und da die Minderheitsregierung auf sie angewiesen ist, musste sie sich weit strecken. Zudem haben die Rechten in den letzten Monaten heftig mit den Sozialdemokraten geflirtet. Diese haben sich so weit nach rechts bewegt, dass Beobachter eine sozialdemokratische Minderheitsregierung mit Duldung der Dänischen Volkspartei nach den Wahlen 2019 nicht für ausgeschlossen halten.