nd-aktuell.de / 24.12.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 18

Mehr Dürren hier, mehr Regen dort

Der Klimawandel sorgt dafür, dass die Welt bei den Niederschlagsmengen immer weiter auseinanderfällt

Ingrid Wenzl

Ob monatelange Regenfälle oder lang andauernde Trockenheit: Mit der steigenden Erderwärmung nehmen die Niederschlagsextreme weltweit zu. Das ist Ergebnis einer Studie unter Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), die kürzlich in der Fachzeitschrift »Geophysical Research Letters« erschienen ist. Dafür hatten die Forscher Daten von 50 000 Wetterstationen weltweit über den Zeitraum von 1980 bis 2013 zusammengetragen und ausgewertet.

Dabei beobachteten sie große regionale Unterschiede: So mehren sich in großen Teilen Afrikas die Dürrekatastrophen. Südlich der Sahara, vor allem in der Sahelzone, nahmen die Monate mit Trockenrekorden um bis zu 50 Prozent zu. Die Folge sind beträchtliche Ernteeinbußen oder gar schlimme Hungersnöte. Bewaldete Regionen wie Kalifornien, Südeuropa oder Südostasien kämpfen bei lang andauernder Trockenheit mit schweren Waldbränden. In Argentinien und seinen Nachbarländern fällt dagegen deutlich mehr Regen: Im Schnitt wurden ein Drittel mehr rekordnasse Monate registriert. In Nordeuropa waren es 37 Prozent mehr, im Osten und der Mitte der USA 25 und in Mitteleuropa 19 Prozent.

»Die Studie stützt die bisherigen theoretischen Überlegungen und passt auch grundsätzlich zu dem, was Klimamodelle projizieren. Neu daran ist die systematische Analyse monatlicher Rekorde im globalen Maßstab«, erklärt Jascha Lehmann, Klimaphysiker am PIK und Erstautor der Studie.

Die Gründe für die Veränderungen sind komplex. Vereinfacht gesagt verstärkt sich der natürliche Wasserkreislauf durch den Klimawandel: Trockene Regionen werden noch trockener, feuchte noch feuchter. Es steigen die Wassermengen, die abregnen können, denn pro Grad Erwärmung kann die Atmosphäre etwa sieben Prozent mehr Wasserdampf speichern. »Außerdem beobachtet man, dass sich in der Atmosphäre die ganze Zirkulation und die Winde verändern. In etwa zehn Kilometer Höhe gibt es einen sehr starken Westwind, den Jetstream, der auf Höhe der USA und Europas einmal um die ganze Erde führt«, erklärt Lehmann. Der Jetstream, der sich von dem Temperaturunterschied zwischen Arktis und Tropen ernährt, verlaufe nicht ganz geradlinig, sondern wellenförmig und transportiere dabei Hoch- und Tiefdruckgebiete. Damit sei er auch maßgeblich verantwortlich für das Wetter in Europa.

Weil sich die Arktis jedoch doppelt so stark erwärmt wie die Tropen, schwächt sich dieser Höhenwind ab, so die Forscher. Hoch- und Tiefdruckgebiete hängen oft wochenlang regelrecht über einer Region fest - wie diesen Sommer, der in Nord- und Zentraleuropa außerordentlich warm und trocken war. »Die Tiefdruckgebiete, die Abkühlung und Regen gebracht hätten, wurden nach Süden abgelenkt, was zu den starken Regenfällen in Italien geführt hat«, erklärt Lehmann.

Natürlich kommt es auch ohne den menschgemachten Klimawandel immer wieder zu Wetterextremen. Doch diese treten dann eher zufällig und deutlich seltener auf. »Es ist bedenklich, dass wir bereits bei nur einem Grad globaler Erwärmung einen so deutlichen Anstieg solcher Extreme sehen«, mahnt PIK-Forscher Lehmann. Er und sein Team gehen davon aus, dass sich die Dynamik fortsetzen wird, wenn die Menschheit ihren Treibhausgasausstoß nicht deutlich verringert.

Bereits im November dieses Jahres forderten die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft und die deutschen Bioanbauverbände die Bundesregierung auf, neue Wege in Energieversorgung, Verkehr und Landwirtschaft zu beschreiten: »Die Fruchtbarkeit unserer Böden, die Existenz unserer Betriebe und unsere Wälder sind massiv durch die Klimakrise bedroht. Es ist Zeit, eine Wende in der Klimapolitik einzuläuten«, forderten sie in ihrem Appell. Landwirte haben 2018 am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, wenn Wiesen vertrocknen und es so kein Futter mehr für ihre Tiere gibt. Zugleich waren wegen der Dürre die Ernteerträge massiv eingebrochen.