Vor Gericht wie auf hoher See

Jana Frielinghaus zur Überlastung der deutschen Justiz

Wer in der Bundesrepublik etwas werden will, bekennt sich zum »Rechtsstaat« und distanziert sich zugleich vom »Unrechtsregime« der DDR. Dabei ist es eine Binse, dass Justitia in »unserer Demokratie« keineswegs ohne Ansehen der Person entscheidet und dass Abertausende behördliches Handeln als Willkür erleben - Stichwort Hartz-IV-Sanktionen und Widersprüche gegen zu Unrecht verhängte Strafen, bis zu deren Behandlung durch die Gerichte elend viel Zeit vergeht und die keine aufschiebende Wirkung entfalten. Einer der Gründe dafür: Die Kammern sind mit zahllosen Verfahren überlastet, das jedenfalls ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage in den Bundesländern. Richterbund-Chef Jens Gnisa warnte kürzlich, die Personalnot unterminiere das Vertrauen der Bürger in die Institutionen des Rechts.

Dabei sorgen nicht nur lange Wartezeiten für Skepsis, sondern auch ein System, in dem Polizisten bei Körperverletzung im Amt fast nie mit Bestrafung rechnen müssen. Oder die Tatsache, dass die geltenden Gesetze gewährleisten, dass Zocker im Managerrang mit Samthandschuhen angefasst werden, während Entlassungen wegen des Verzehrs eines firmeneigenen Brötchens juristisch nicht zu beanstanden sind. Und die »Klageflut« bei Asylverfahren, laut Umfrage wesentlicher Grund für Überlastung, resultiert auch aus dem nicht rechtsstaatlichen Umgang der Behörden mit Geflüchteten.

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