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  • Deutsche Umwelthilfe & Peta

Unbequeme Gemeinnützigkeit

Union und FDP wollen der Deutschen Umwelthilfe und der Tierrechtsorganisation Peta Steuervorteile entziehen

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der Tierschutzorganisation Peta könnte die Aberkennung der Gemeinnützigkeit drohen. Im Bundestag wurde jüngst im Finanzausschuss eine Anhörung zu dem Thema durchgeführt. Union und FDP forderten eine entsprechende Änderung der Einstufung.

Initiiert hatte die öffentliche Anhörung die FDP. Sie forderte, dass Organisationen nicht als gemeinnützig gelten dürfen, wenn sie strafbare Handlungen begehen, ausnutzen oder zum Rechtsbruch aufrufen. Namentlich erwähnten die Abgeordneten dabei die umstrittene Organisation Peta. Diese würde Einbrüche in Mastanlagen befürworten.

»Der Antrag der FDP zielt ausschließlich darauf ab, der Bevölkerung die Wahrheit über die Grausamkeiten im Umgang mit Tieren vorzuenthalten«, erklärte der stellvertretende Peta-Vorsitzende Harald Ullmann in einer Mitteilung. Er verwies darauf, dass der Initiator des FDP-Antrags, der Abgeordnete Gero Hocker, gleichzeitig Präsident des Deutschen Fischerei-Verbandes sei.

Die Deutsche Umwelthilfe wird wiederum von der Union scharf attackiert. Die Organisation hatte mit erfolgreichen Klagen auf Dieselfahrverbote für Aufsehen gesorgt. Die Bundesregierung versucht erklärtermaßen, Fahrverbote zu vermeiden. Die Prozesse der DUH konterkarieren die Ziele der Union. Bereits auf dem Hamburger CDU-Parteitag im Dezember wurde beschlossen, zu überprüfen, ob die DHU »noch die Kriterien für die Gemeinnützigkeit erfüllt«. Die Umweltorganisation hatte darauf empört reagiert.

Bei der Anhörung im Bundestag kamen Finanz- und Rechtsexperten zu Wort. Der Richter Ulf Buermeyer vom Berliner Verfassungsgerichtshof verwies auf die Entscheidung eines Gerichts, das einen Stalleinbruch als Notstand bewertet hatte. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Recht durch gemeinnützige Organisationen dürfe durch die Androhung eines Statusentzugs nicht unmöglich gemacht werden, so der Experte. Der Deutsche Finanzgerichtstag und der Bundesfinanzhof sahen keine Notwendigkeit für neue Gesetze.

Die Grünenfraktion brachte in der Anhörung den Antrag »Gemeinnützigkeit braucht Rechtssicherheit statt politischer Willkür« ein. Darin forderte sie, den Katalog der förderfähigen Zwecke durch die Aufnahme weiterer zivilgesellschaftlicher Themen zu erweitern. Die Bundesregierung dürfte zudem die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen nicht behindern.

Mit einem gemeinnützigen Status können Organisationen Spenden von der Steuer absetzen und leichter öffentliche Mittel beantragen. Ein Entzug dieser Möglichkeiten würde die Arbeitsbedingungen extrem verschlechtern. Über die Gemeinnützigkeit entscheiden die Finanzämter der Länder.

Immer wieder gibt es - offenbar politisch motivierte - Versuche, die Gemeinnützigkeit von Organisationen abzuerkennen. 2014 hatte das Finanzamt in Frankfurt am Main dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac den Status entzogen. Die Begründung: Forderungen nach einer Finanztransaktionssteuer oder einer strengeren Regulierung der Finanzmärkte seien zu politisch und würden keinem gemeinnützigen Zweck dienen. Sie würden viel mehr ein Partikularinteresse repräsentieren.

Attac zog daraufhin vor Gericht. Das hessische Finanzgericht bestätigte 2016 die Gemeinnützigkeit des Vereins. Finanzamt und Bundesfinanzministerium wollten das Urteil jedoch nicht akzeptieren und gingen in die Revision. Mit einem weiteren Urteil vom Bundesfinanzhof wird in den kommenden Monaten gerechnet. Die Entscheidung könnte grundsätzliche Aussagen zur Auslegung des Gemeinnützigkeitsrechts machen sowie Anlass für Gesetzesänderungen sein.

Mehr als 80 Vereine und Stiftungen haben sich mittlerweile in dem Bündnis »Rechtssicherheit für politische Willensbildung« zusammengefunden, um die Gemeinnützigkeit für Organisationen zu sichern, die sich politisch betätigen. Darunter befinden sich Brot für die Welt, Campact, Oxfam oder das Komitee für Grundrechte und Demokratie. Ziel des Bündnis sei ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht. Im bisherigen Gesetz würden »wichtige und allgemein anerkannte gemeinnützige Zwecke« fehlen.

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