Von einem »Schlag ins Gesicht der Opfer des Einsatzes von SIG-Sauer-Waffen in Kolumbien« spricht Jürgen Grässlin. Was den Friedensaktivisten von der Kampagne »Aktion Aufschrei« ärgert: Bei dem von ihm angestrengten Prozess wegen illegaler Exporte von Pistolen des Unternehmens in das lateinamerikanische Bürgerkriegsland haben sich Staatsanwaltschaft, Verteidiger und das Landgericht Kiel am Mittwoch auf einen Deal geeinigt. Die drei Ex-Manager von SIG-Sauer kommen mit Bewährungs- und Geldstrafen davon; im Gegenzug erklärten sie sich zu Geständnissen bereit.
Zwischen April 2009 und April 2011 hat die Waffenschmiede mit Sitz in Eckernförde (Schleswig-Holstein) insgesamt 47 000 Pistolen vom Typ SP 2022 in die USA geliefert, wofür SIG Sauer eine behördliche Ausfuhrgenehmigung hatte. Laut Anklage wurden allerdings davon mehr als 38 000 illegal nach Kolumbien weiterverkauft - zu einem Preis von insgesamt rund 14 Millionen Euro.
In dem Verfahren vor der 3. Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Kiel drohten den Angeklagten gemäß Außenwirtschaftsgesetz Haftstrafen von bis zu fünf Jahren plus gegebenenfalls weitere zehn Jahre, wenn das Gericht die Vorgänge als gewerblichen Waffenhandel eingestuft hätte. Zwei ehemalige Mitarbeiter, darunter Ex-Geschäftsführer und Miteigentümer Michael Lüke, haben nun Bewährungsstrafen in Höhe von bis zu elf Monaten zu erwarten. Der Manager des Ablegers SIG Sauer Inc. in den USA soll mit einer Bewährungsstrafe von bis zu einem Jahr und zehn Monaten davonkommen. Hinzu kommt eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 900 000 Euro.
Ursprünglich hatte das Gericht für den international beachteten Prozess 19 Verhandlungstage bis Ende Juni veranschlagt. Mit einem Geständnis der Angeklagten dürfte ein Urteil schon deutlich früher gesprochen werden.
Laut einer Studie des Kinderhilfswerks Terre des Hommes sind Schusswaffen in Kolumbien durch illegalen Handel weit verbreitet, darunter eben auch die SP 2022. Neben der kolumbianischen Polizei schießen und morden auch Paramilitärs, Guerilla und Drogenbanden sowie auch Armeeangehörige mit SIG-Sauer-Waffen. Angesichts dessen spricht Jürgen Grässlin von einem »skandalösen Deal mit Waffendealern«. Eine für andere Waffenhändler abschreckende Wirkung werde von diesem Urteil nicht ausgehen.
Inzwischen wurde bekannt, dass das Verfahren um illegale Waffenexporte von Heckler & Koch nach Mexiko vor den Bundesgerichtshof geht. Die Verurteilten wie auch die Staatsanwaltschaft hätten Revision gegen das Urteil von vergangener Woche eingelegt, teilte das Landgericht Stuttgart mit. Zwei Ex-Mitarbeiter waren zu Bewährungsstrafen, das Unternehmen zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1113409.sig-sauer-gerichtlicher-schongang-fuer-waffenhaendler.html