Der Lichtenberger Bezirksbürgermeister Michael Grunst (LINKE) ist sauer, dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg vor einigen Tagen das einst besetzte Schiff Freibeuter aus der Rummelsburger Bucht in die nahe gelegene Citymarina Rummelsburg hat abschleppen lassen. Damit seien Pläne zunichte gemacht worden, dass die Sozialgenossenschaft Karuna dort Obdachlosenbetreuung anbieten könnte, kritisiert Grunst. Friedrichshain-Kreuzberg begründet den Schritt mit sehr hohen täglichen Bewachungskosten.
Vorläufig nicht äußern möchte sich Michael Grunst zu einem Thema, das weitaus höhere Wellen schlägt: den anhängigen Bebauungsplan Ostkreuz, mit dem der Weg für die Bebauung des letzten Abschnittes der Bucht freigemacht werden soll. Ein Aquarium, Hunderte Wohnungen und Gewerbebauten sollen im nahe dem Knotenpunkt Ostkreuz gelegenen Bereich des Sees entstehen. Bauherren sollen unter anderem die landeseigene HOWOGE sowie die Investoren Coral World, Ekkehard Streletzki, der das bekannte Estrel-Hotel in Neukölln betreibt, sowie Gijora Padovicz sein, der sich durch rüde Entmietungen seit den 1990er Jahren in Berlin einen Namen gemacht hat.
Am Dienstag soll die aktualisierte Fassung des B-Plans im Bezirksamt Lichtenberg besprochen werden, eine Befassung mit einem möglichen Beschluss in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ist am 21. März vorgesehen, einen Tag nachdem die mehrfach verschobene Informationsveranstaltung abgehalten werden soll.
»Nach einem halben Jahr großer Proteste, einem gültigen Einwohnerantrag und einer Petition mit über 40000 Unterschriften gegen den derzeitigen Bebauungsplan Ostkreuz werden unsere Bemühungen weiterhin zugunsten der Investoren ignoriert und übergangen«, kritisiert die Initiative »Rummelsburger Bucht retten!«. Bezirksbürgermeister Michael Grunst wolle den Beschluss in der BVV »durchdrücken«, so die Befürchtung.
Kritisiert wird einiges: Vor allem der Ausverkauf »großer innerstädtische Freiflächen mit Wasserzugang in bester Lage aus Landesbesitz an Investoren« sowie die schon jetzt nicht ausreichende Versorgung mit Schulplätzen in der Gegend. Zumindest letzteres ist nach Ansicht der Lichtenberger Baustadträtin Birgit Monteiro (SPD) ausgeräumt. Ihr läge eine positive Machbarkeitsstudie für den Bau einer dreizügigen Grundschule an der Hauptstraße vor, samt Finanzierungszusage über 25 Millionen Euro für die Errichtung im Jahr 2022 sowie der Einrichtung eines Kindergartens mit 80 Plätzen und eines Jugendklubs in einem daneben gelegenen Altbau, der saniert werden muss, erklärte sie bei einer Veranstaltung am Mittwochabend. »Ich freue mich, dass auch Arbeitsplätze entstehen, die wohnortnah sind«, sagte sie zu den Aquariumsplänen von Coral World. Monteiro betont, dass der Investor auf eigene Kosten einen breiten öffentlichen Grünstreifen am Wasser anlegen und 20 Jahre pflegen wird. »Alles was wir an Qualität haben, ist ein Ergebnis der Entwicklungsmaßnahme«, erklärt sie.
»Wir wollen etwas anderes entwickeln und wir können uns die letzten Freiflächen nicht wegnehmen lassen«, entgegnete bei der gleichen Veranstaltung Claudia Engelmann von der Linksfraktion im Bezirk. Da es sich um ein Entwicklungsgebiet handelt, für das die Leitlinien auf Senatsebene vorgegeben wurden, müssten diese auch dort geändert werden. Engelmann erwartete daher »ein eindeutiges Zeichen von Rot-Rot-Grün«.
Tatsächlich passen die Planungen nicht mehr so recht zu den neuen Vorgaben für Entwicklungsgebiete, die die rot-rot-grüne Koalition im Abgeordnetenhaus im vergangenen Jahr beschlossen hatte. Die Initiative »Rummelsburger Bucht retten!« erstelle derzeit auf Grundlage des alternativen Planungsentwurfes ein umfassendes Konzeptpapier, um die Unterschiede zum aktuellen Bebauungsplan genauer zu erläutern, mit nachvollziehbaren Zahlen zu untermauern und die dahinterstehenden Ideen und Ziele für alle Interessierten greifbar zu machen. Dabei werde mit Profis zusammengearbeitet, unter anderem einem Anwalt für Planungsrecht, einem Planungsarchitekten und einer Stadtplanerin. Der Entwurf soll am 14. März vorgestellt werden.
In der Linkspartei rumort es. Auf Landes- und sogar auf Bundesebene halten Abgeordnete die Planungen für nicht mehr zeitgemäß und keineswegs für ein Aushängeschild von rot-rot-grüner Stadtplanung. Auch bei den Grünen gibt es Sympathien, die Planung neu aufzurollen. Der B-Plan Ostkreuz dürfe keinesfalls beschlossen werden, »bevor der alternative Planungsentwurf unserer Initiative im Stadtplanungsausschuss und in der BVV diskutiert und behandelt wurde«, heißt es bei »Rummelsburger Bucht retten!«.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1113506.zankapfel-rummelsburger-bucht.html