nd-aktuell.de / 10.03.2019 / Sport

Barça bleibt in der Spur

Pflichtsieg in der Liga vor der Kür in der Champions League

Martin Ling, Barcelona

Piqué, Piqué, Piquenbauer ... Mit Sprechchören in Erinnerung an »Kaiser« Franz Beckenbauer wurde Barcelonas Innenverteidiger Gerard Piqué am späten Samstagnachmittag im Camp Nou gefeiert. Sein Kopfball zum Ausgleich in der 38. Minute nach Freistoß von Leo Messi brachte nach dem 0:1 Rückstand in der 22. Minute durch Mittelstürmer Raúl de Tomás die Wende im Spiel gegen Rayo Vallecano, das um den Verbleib in der ersten spanischen Liga kämpft. Messi mit einem unumstrittenen Foulelfmeter in der 51. Minute und der Uruguayer Luis Suárez nach einer traumhaften Kombination über mehrere Stationen mit abschließendem Doppelpass mit Ivan Rakitic in der 82. Minute sorgten für den verdienten Sieg vor 74.158 Zuschauer.

Nach der sechsten Niederlage bleibt der Verein aus dem Madrider Arbeiterviertel Vallecas, der seit Jahren zwischen erster und zweiter Liga pendelt, als Vorletzter auf einem Abstiegsplatz. Das rettende Ufer ist bei drei Punkten Abstand jedoch in Sichtweite, sofern die Trendwende gelingt, unter welchem Trainer auch immer. Der Kredit des Amtsinhabers Míchel, der sich einst als Spieler bei Rayo und als Aufstiegstrainer 2018 zahlreiche Meriten verdient hat, ist am Limit. Ob Míchel im Schlüsselspiel kommende Woche beim Drittletzten Villarreal noch auf der Bank sitzt, ist nicht ausgemacht.

Die Bank kennt Gerard Piqué quasi nur vom Hörensagen. Als einziger Spieler der gesamten Liga stand der 32-Jährige in den ersten 27 Spielen der Saison immer auf dem Platz, versäumte nicht eine Minute, kann allerdings nach seinem Rücktritt aus der spanischen Nationalmannschaft nach der WM 2018 die Länderspielpausen zur Regeneration nutzen.

Barças Abwehrchef mag fußballerisch der Piquenbauer-Vergleich mit dem Weltklasse-Libero der siebziger Jahre aus Deutschland behagen, politisch dürfte Piqué einem Kaiserreich oder der spanischen Monarchie wenig abgewinnen können. Der Innenverteidiger scheut sich nicht, immer wieder politisch das Wort zu ergreifen, nicht für eine spezielle Partei, aber doch klar für das Recht auf Selbstbestimmung für Katalonien und mit klaren Ansagen, wenn ihm etwas gegen den Strich geht. So wie vergangene Woche der Tweet des katalanischen Politikers von der rechten Volkspartei PP, Enric Millo, der einen verkürzten Videoausschnitt twitterte, mit dem er einem der zwölf in Madrid wegen Rebellion angeklagten Katalanen einen Gewaltaufruf unterstellte. Piqué bezichtigte ihn der Lüge sowie der Manipulation und lud zum Beleg das komplette Video auf Twitter hoch. Millo hat den Videoausschnitt auf seinem Konto inzwischen wieder gelöscht, woraufhin Piqué mit einem »die Wahrheit kann man nicht löschen« nachsetzte.

Millo ist nicht irgendwer, sondern ehemals Beauftragter der spanischen Regierung von Mariano Rajoy für Katalonien und Zeuge im laufenden Prozess gegen die katalanischen Politiker in Madrid im Zusammenhang mit dem gegen den Willen der spanischen Regierung durchgeführten Referendum am 1. Oktober 2017. »Es würde uns gut anstehen, mehr über die politischen Gefangenen und weniger über den Videobeweis beim Fußball zu sprechen«, hat Piqué auch zum Prozess in Madrid eine klare Meinung. Für die erhält er in Katalonien viel Zustimmung, darüberhinaus erfährt er hauptsächlich Ablehnung. Seiner überragenden Form sind die Nebenaktivitäten auf der Meinungsbühne bisher ebenso wenig abträglich wie unternehmerische Tätigkeiten, wo er als Teil einer Investorengruppe den Tennis Davis-Cup wagemutig umkrempelt. Messi hat er dafür als stillen Teilhaber gewonnen.

Und siegen muss Barça auch am Mittwoch gegen Olympique Lyon im Rückspiel des Champions League-Achtelfinales nach dem torlosen Hinspiel. Ein gefährliches Ergebnis, warnt Trainer Ernesto Valverde. Schon vor dem Spiel gegen Rayo hatte Valverde gewarnt, »in zehn Tagen kann sich im Fußball alles ändern«. In zehn Tagen hat Erzrivale Real Madrid gerade Pokal, Liga und Champions League verspielt. Barça dient das als abschreckendes Beispiel.