nd-aktuell.de / 13.03.2019 / Politik / Seite 4

Ziemlich teure »Anfängerfehler«

AfD droht wegen mehrerer Spendenaffären eine Strafzahlung von über 400 000 Euro

Robert D. Meyer

Im Zuge gleich mehrerer Spendenaffären greift die AfD auf eine in der Politik erprobte Strategie zurück: Zugegeben, was nicht mehr zu leugnen ist und die aufgedeckten Fakten herunterspielen. Am Dienstag räumte AfD-Chef Jörg Meuthen in der »Welt« ein, im baden-württembergischen Landtagswahlkampf 2016 Unterstützung aus der Schweiz im Wert von rund 90 000 Euro erhalten zu haben.

Im Prinzip bestätigt der Parteivorsitzende damit nur, was schon seit den ersten Medienberichten im Sommer 2017 ersichtlich war. Die Beziehungen zwischen der AfD und der Schweizer Goal AG sind intensiver, als es die Partei bisher zugibt. An dieser Darstellung hält Meuthen weiterhin fest. Er habe im Februar 2016 lediglich eine Erklärung der PR-Agentur unterschrieben, wonach die Firma sein Foto und Daten für »werbende Zwecke« nutzen dürfe. Konkret heißt das: 27 000 Euro für Wahlkampfanzeigen, 17 000 Euro für Flyer, 41 000 Euro für Plakate sowie weitere 5000 Euro für Grafiken. Das Geld für diese Kampagne stamme dabei nicht von der Goal AG, sondern von mehreren Spendern, bei denen es sich »durchweg um Deutsche im Sinne des Grundgesetzes beziehungsweise dem gleichgestellte Staatsbürger von EU-Mitgliedsländern« handeln soll.

Wer die Unterstützer sind, darüber gibt Meuthen weiterhin öffentlich keine Auskunft. Der AfD-Chef will den Anschein erwecken, sich 2016 über die großzügige Unterstützung gefreut, ansonsten aber kein großes Interesse an den Hintergründen gehabt zu haben. Vom finanziellen Gesamtwert der Unterstützungsleistungen wisse er erst seit August letzten Jahres.

Die Äußerung passt zur Strategie der AfD, um eine teure Strafzahlung an die Bundestagsverwaltung zu vermeiden. Meuthen verweist im Gespräch mit der »Welt« auf ein Rechtsgutachten der Partei, wonach es sich bei den Leistungen der Goal AG nicht um Spenden im Sinne des Parteienrechts handeln soll. Die AfD habe »null Einfluss auf diese Unterstützungsleistungen, mehr noch, die Partei hat nicht einmal davon gewusst«, behauptet der Parteichef. Die Bundestagsverwaltung sieht das jedoch anders und stuft den Vorgang als verdeckte Wahlhilfe ein. Nun fordert sie als Strafe rund 270 000 Euro, also das Dreifache des Wertes der mutmaßlich illegalen Spende.

Damit nicht genug. Teuer könnte für die AfD auch eine Wahlkampfunterstützung für Guido Reil werden. Der Fall weist starke Parallelen zur Spendenaffäre Meuthen auf. Wieder geht es dabei um die Schweizer Goal AG. Die PR-Agentur hatte für Reil 2017 Werbung im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf gemacht. Die Kosten für Flyer und Plakate beliefen sich auf 44 500 Euro, wieder soll die Finanzierung über Spender im Hintergrund abgelaufen sein, worüber Reil aber nichts wisse. Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Bundestagsverwaltung in diesem Fall eine Strafzahlung über 133 500 Euro verhängt hat. Meuthen kündigte an, dass die AfD gegen einen förmlichen Strafzahlungsbescheid »sofort Widerspruch einlegen und gegebenenfalls vor Gericht gehen« werde.

Der Verein Lobbycontrol bezeichnete die Position der AfD, wonach es sich bei der Unterstützung durch die Goal AG nicht um Parteispenden handelt, als »unhaltbar«. Ohne Meuthens Mitwirkung hätte die verdeckte Kampagne »nicht stattfinden können. Deshalb muss sich die AfD das als Spende zurechnen lassen«, so Ulrich Müller. »Die AfD steckt tief im Spendensumpf«, beurteilte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, die neuen Entwicklungen. »Es muss Schluss sein mit der Verschleierung und fadenscheinigen Ausflüchten.«

Genau darauf scheint sich die AfD zurückziehen. So behauptete am Dienstag Bernd Baumann, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, der Umgang mit Parteispenden sei auf die »Unkenntnis in der Anfangszeit« zurückzuführen. Solche Fehler ließen sich beim Aufbau der Institutionen einer neuen Partei kaum vermeiden.

Die AfD könnten solche angeblichen Anfängerfehler mehrere Hunderttausend Euro kosten - mögliche Strafen in der nicht abschließend geklärten Spendenaffäre rund um AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sind da noch nicht einmal berücksichtigt.