nd-aktuell.de / 21.06.2007 / Politik
»Bürgerkrieg gegen die Rechte«
NPD will Kritikern den Hahn abdrehen und sächsisches Demokratieprogramm kippen
Hendrik Lasch
Die NPD will im Dresdner Landtag die Finanzierung für zivilgesellschaftliche Initiativen kippen. Dort lässt man den Vorstoß jedoch ins Leere laufen.
Im Haushalts- und Finanzausschuss des sächsischen Landtags fand gestern eine merkwürdige Veranstaltung statt. Auf der Tagesordnung stand eine Premiere: eine Expertenanhörung zu einem Antrag der NPD. Von den 20 Mitgliedern des Gremiums interessierten sich indes nur der NPD-Abgeordnete Alexander Delle und dessen Stellvertreter Jürgen Gansel für das Thema. Auch die Bank der Sachverständigen blieb weitgehend leer: Vor zwei Dutzend von der Fraktion organisierten Gästen referierte nur der von der NPD geladene Rechtsanwalt Björn Clemens, Ex-Vize der Republikaner. Die mangelnde Präsenz war dem Thema des NPD-Antrags geschuldet, den Abgeordnete eine »blanke Provokation« nennen. Darin wird eine »verfassungsrechtliche Überprüfung der Bundes- und Landesförderung von Projekten des sogenannten Kampfes gegen Rechts« gefordert. Ziel ist es, finanzielle Zuschüsse für Initiativen, die sich der Demokratieerziehung verschrieben haben, in Frage zu stellen. Im Klartext: Die NPD will ihren Kritikern den Hahn abdrehen. Neu sind derlei Vorstöße nicht: In Kommunalparlamenten versuchen NPD-Abgeordnete seit Jahren, missliebige Vereine finanziell auszutrocknen. So beantragte der Pirnaer NPD-Stadtrat Mirko Liebscher bereits im März 2005, Zuschüsse für die bundesweit bekannte »Aktion Zivilcourage« und ein Alternatives Jugend- und Kulturzentrum zu streichen. Begründung: Bei einem Konzert »aufmucken gegen rechts« sei es zu Gewalt gegen »nationale Jugendliche« gekommen. Ähnliche Versuche gibt es immer wieder - wobei diese gelegentlich auf tönernen Füßen stehen. So forderte der inzwischen verstorbene NPD-Politiker Uwe Leichsenring, der Initiative »JuMaWa« (Jugend macht was) in Sebnitz den Geldhahn abzudrehen. Die bunte Truppe sollte ebenfalls zu Gewalt gegen Rechts aufgerufen haben. Allerdings erhielt JuMaWa überhaupt keine öffentliche Förderung. Aus ähnlichen Gründen sind auch Vorstöße in Wurzen wenig zielführend. Dort ist der NPD das »Netzwerk Demokratische Kultur« ein Dorn im Auge. Auch diese Initiative wird indes von Stadt und Landkreis nur marginal unterstützt. Um so mehr setzt die Partei nun auf die Initiative im Landtag, die sich gegen das Landesprogramm »Weltoffenes Sachsen« sowie vergleichbare Bundesprojekte richtet. Allein im Rahmen des Landesprogrammes werden 2007 bislang 65 Projekte gefördert; insgesamt stehen 1,7 Millionen Euro bereit. Die NPD sucht derlei Aktivitäten nun auszuhebeln - nicht zuletzt, indem verfassungsrechtliche Zweifel angemeldet werden. So verletze der Staat durch die Finanzierung der Programme gegen Rechts seine Neutralitätspflicht, da mit den Aktivitäten ein »geistiger, manchmal auch handgreiflicher Bürgerkrieg gegen eine ganze politische Grundströmung, nämlich die Rechte« geführt werde, wie es in der Begründung heißt. Angesichts von neun Prozent NPD-Wählern sei so der »öffentliche Frieden« im Freistaat bedroht. Zudem verlangt die NPD Auskünfte, ob die Gelder »zur Finanzierung von Aktivitäten sogenannter Antifa-Gruppen« dienten oder verwendet würden, um »die im sächsischen Landtag vertretene Wahlpartei NPD direkt oder indirekt zu bekämpfen«. Letzteres entspräche durchaus nicht den Vorgaben des Förderprogramms, beschied Justizminister Geert Mackenroth (CDU) in der schriftlichen Antwort auf den Antrag; allerdings hätten bisher bei der Überprüfung der Projekte keinerlei derartige »Fehlverwendungen« von Geldern festgestellt werden können. Im Übrigen sei der Einsatz staatlicher Mittel zur Finanzierung des Programms »Weltoffenes Sachsen« verfassungsrechtlich durchaus zulässig. Und der öffentliche Frieden in Sachsen, merkt der Minister an, sei dadurch auch »nicht bedroht«.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/111573.buergerkrieg-gegen-die-rechte.html