nd-aktuell.de / 27.04.2019 / Kommentare / Seite 8

Weltordnung am seidenen Faden

Alexander Isele sieht keine EU-Strategie gegen China

Alexander Isele

40 Staats- und Regierungschefs, über 60 Abgesandte von weiteren Staaten: Die zweite Neue-Seidenstraßenkonferenz in Peking an diesem Freitag und Samstag zeugt von der wirtschaftspolitischen Verschiebung, die seit dem Aufstieg der Volksrepublik die Welt verblüfft. Die damit einhergehenden machpolitischen Konsequenzen werden anhand der Konferenzen und Foren deutlich, die in den vergangenen zwei Monaten stattfanden: Die Teilnahmeerklärung Italiens an der Neuen Seidenstraße, der 16+1-Gipfel Chinas mit osteuropäischen Staaten, dem Internationalen Arktik Forum mit dem Anschub der Polaren Seidenstraße durch Moskau und Peking sowie dem zweiten Arabischen Forum für Reform und Entwicklung. Dessen Motto: »Baut die Seidenstraße, teilt Entwicklung und Wohlstand«.

War der Westen anfangs ratlos, wie mit dem Aufstieg Chinas umzugehen ist, scheint nun eine Sprache gefunden worden zu sein: Als Schuldenfalle für Partnerländer, Investitionen ohne Umweltstandards oder Einbahnstraßen-Politik wird die Neue Seidenstraßeninitiative kritisiert.

Das Problem daran ist: Würde es der EU und den USA nicht selbst um den eigenen Vorteil und den der hiesigen Unternehmen gehen, dann hätten die Staaten in Afrika, Asien und auch in Europa, die nun angeblich in die Fänge Chinas geraten, gar keinen Grund, sich auf dessen Bedingungen einzulassen.

Bei aller berechtigter Kritik an der Neuen Seidenstraße zeigt sie auch, dass der EU mit der von Deutschland durchgesetzten Austeritätspolitik eine zukunftsweisende Wirtschafts- und Industriepolitik fehlt, die eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit dem globalen Süden ermöglicht.