Kanonaden

OSSIS TAGEBUCH

11. Juli 1989: Ich habe Roswitha, unsere HGL-Vorsitzende, getroffen. Auf dem Spielplatz vor unserem Haus. Wie geht’s, wie steht’s? »Es geht seinen sozialistischen Gang«, sagt die gute Seele unserer Hausgemeinschaftsleitung. Ich weiß nicht, ob dies positiv oder negativ zu werten ist. Sie erzählt vom Kirchentag in Leipzig, der vor zwei Tagen endete. Roswitha ist Christin und Marxistin. Schließen sich Religiosität und Materialismus eigentlich nicht aus? Na ja, vielleicht haben die religiösen Sozialisten eine neue Dreifaltigkeit erfunden: Gottvater, dessen Sohn Jesus und der »Heilige Geist« aus Trier. »Erstmals wurde Ausländerfeindlichkeit angesprochen«, berichtet Roswitha und empört sich, dass der »Markt der Möglichkeiten« untersagt worden sei. Aus Protest wie Neugier sei sie dann in die Lukaskirche gepilgert, wo alternativ ein »Statt Kirchentag« stattfand. »Da wurde über Wahlbetrug geredet.« Ich erinnere mich an Roswithas Bauchschmerzen ...


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