Alle gegen Amazon am Aktionstag »Prime Day«

Amazon-Mitarbeiter in Deutschland und den USA streiken / Greenpeace protestiert gegen Retouren-Vernichtung

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Leipzig. Beim Online-Händler Amazon hat es nach Angaben der Gewerkschaft ver.di am frühen Montagmorgen erneut Streiks gegeben. Gestreikt wurde an den sieben Amazon-Standorten in Werne und Rheinberg in Nordrhein-Westfalen, Leipzig, Graben bei Augsburg, Koblenz sowie an den zwei Standorten im osthessischen Bad Hersfeld, wie ver.di-Handelsexperte Orhan Akman der Deutschen Presse-Agentur sagte. Akman rechnete mit einer guten Beteiligung. Die Kollegen seien »ziemlich verärgert«.

Am Amazon-Logistikzentrum in Leipzig habe der Streit pünktlich um Mitternacht begonnen, sagte Gewerkschaftssekretär Thomas Schneider am Montagmorgen der Deutschen Presse-Agentur. Mitarbeiter der Nacht- und Frühschicht hätten sich bereits am Protest beteiligt, die Mittelschicht werde zeitnah hinzustoßen. Insgesamt werde mit rund 400 Teilnehmern gerechnet. Der Online-Händler habe zuvor einen Anwesenheitsbonus für die Mitarbeiter ausgelobt, so Schneider.

Ein Amazon-Sprecher hingegen erklärte am Morgen, nur sehr wenige Mitarbeiter hätten sich am Streikaufruf beteiligt. Der operative Betrieb laufe ohne Einschränkungen. Bereits am Sonntag hatte der Sprecher versichert, dass die Kundenbestellungen rechtzeitig bearbeitet werden, »wie an jedem anderen Tag«. Amazon zahle in seinen deutschen Logistikzentren Löhne am oberen Ende dessen, was sonst für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt werde. In Leipzig beginne es mit mindestens 10,78 Euro die Stunde, nach zwei Jahren liege der Schnitt inklusive Boni und Sonderzahlungen bei monatlich 2275 Euro brutto.

Ver.di-Handelsexperte Akman hatte hingegen kritisiert: »Während Amazon mit satten Preisnachlässen beim Prime-Day zur Schnäppchenjagd bläst, wird den Beschäftigten eine existenzsichernde tarifliche Bezahlung vorenthalten.«

Anlass für den aktuellen Streik ist der bis einschließlich Dienstag laufende Aktionstag »Prime-Day« mit Sonderangeboten für Stammkunden. Die Arbeitsniederlegungen laufen unter dem Motto »Kein Rabatt auf unsere Einkommen«.

Ver.di kämpft seit mehr als sechs Jahren um einen Tarifvertrag und Lohnerhöhungen. In ganz Deutschland hat Amazon zwölf Warenlager an elf Logistikstandorten und beschäftigt nach eigenen Angaben rund 13.000 Angestellte.

In den USA streiken ebenfalls Amazon-Mitarbeiter. In Shakopee, Minnesota, werden rund 100 Menschen drei Stunden der Tag- und Nachtschicht vor dem Logistikzentrum protestieren. Die Forderungen sind sichere Arbeitsplätze, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Die Amazon-Mitarbeiter halten außerdem den Online-Händler an, mehr Verantwortung für den Klimaschutz zu übernehmen.

Auch Greenpeace steht für mehr Klimaschutz ein und will auf »klimaschädliche Ressourcenvernichtung bei Amazon aufmerksam machen« wie Viola Wohlgemuth, Konsum-Expertin bei Greenpeace, der Deutschen Presseagentur mitteilte. Aus diesem Grund protestieren rund 40 Greenpeace-Aktivisten am frühen Montagmorgen bei Amazon gegen die Vernichtung zurückgesandter neuer Waren. Sie waren am Sonntagabend auf das Gebäude in Winsen im niedersächsischen Landkreis Harburg geklettert.

Am Montagmorgen seien sie noch immer auf dem Dach gewesen, teilte die Polizei mit. Polizisten seien im Einsatz, um eine »kooperative Lösung« zu finden und die Lage zu beobachten. Der Betrieb sei aber nicht eingeschränkt, es habe keine Auseinandersetzungen gegeben. Laut Viola Wohlgemuth haben die Aktivisten Banner aufgehängt. Aus Versandkartons wurde ein 27 Meter langer Schriftzug »Für die Tonne« errichtet.

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Anlass für den Protest sei der »Prime-Day« am Montag und Dienstag mit Sonderangeboten für Amazon-Kunden, sagte Wohlgemuth. Nach Angaben von Greenpeace gehen rund 30 Prozent aller Amazon-Retouren nicht wieder in den direkten Verkauf. Marktführer Amazon hatte dazu im Juni erklärt, die überwiegende Mehrheit der zurückgegebenen Produkte komme erneut in den Verkauf, gehe an Lieferanten zurück oder werde je nach Zustand an gemeinnützige Organisationen gespendet.

Amazon hatte mitgeteilt, dass man rechtliche Schritte gegen die Organisatoren der Aktion prüfe. Diese Art von Protest sei illegal und gefährde unnötig alle Beteiligten und Mitarbeiter. Nach Wohlgemuths Worten planen die Aktivisten, während der »Prime Days« auf dem Dach zu bleiben und weiter zu protestieren. Agenturen/nd

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