nd-aktuell.de / 27.08.2019 / Brandenburg / Seite 11

Klimaschützer verklagen Konzern

Umweltorganisation beantragt Mittel für Rekultivierung von der Lausitzer Energie AG

Andreas Fritsche

Die Rekultivierung alter Tagebaue ist langwierig und kostspielig. Mit den in den frühen 1990er Jahren stillgelegten Gruben hat die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) noch heute zu tun. Schäden können auch noch nach sehr langer Zeit eintreten. So kam es am Senftenberger See - die Flutung dieses Tagebaurestlochs war bereits 1972 abgeschlossen - im Jahr 2018 zu Rutschungen. Die Rekultivierung des jetzt noch aktiven Tagebaus Welzow-Süd soll voraussichtlich erst 2080 abgeschlossen sein - 42 Jahre nach dem geplanten Ausstieg aus der Braunkohle.

Die Umweltorganisation BUND macht sich Sorgen um die Finanzierung der Rekultivierung im Lausitzer Revier. »Es ist schwer zu beziffern, aber wir rechnen mit Kosten von drei bis zehn Milliarden Euro«, sagt Brandenburgs BUND-Landesgeschäftsführer Axel Kruschat.

Würden die Tagebaue und Kohlekraftwerke noch dem Energiekonzern Vattenfall gehören, müsste man sich vielleicht nicht ängstigen. Selbst wenn Vattenfall Pleite gehen würde, könnte man sich an den schwedischen Staat halten, denn Vattenfall ist ein schwedisches Staatsunternehmen. Doch nachdem Vattenfall seine deutsche Braunkohlesparte vor fünf Jahren an den tschechischen Energiekonzern EPH und dessen Investmentpartner PPF verkaufte, liegen die Dinge anders.

Wenn die von EPH gebildete Lausitzer Energie AG (LEAG) in die Insolvenz rutschen sollte, müssten die deutschen Steuerzahler für die Rekultivierung und für eventuelle Bergbauschäden aufkommen, warnt Kruschat. Vattenfall habe bei der Veräußerung der Tagebaue und Kraftwerke 1,6 Milliarden Euro für die Rekultivierung übergeben.

Doch wo ist dieses Geld? »Die schicken mir keine Kontoauszüge, die Kollegen. Deshalb weiß ich es nicht«, bedauert Kruschat. Aber eins wisse er: In den Bilanzen tauche die Summe nicht auf. Zwar finde sich in der Bilanz des Tagebauzweigs der LEAG eine Summe von 1,6 Milliarden Euro Rücklagen. Doch davon seien 800 Millionen Euro Anlagevermögen, erklärt Kruschat. Da seien beispielsweise die Bagger erfasst, die nach dem Ausstieg aus der Kohle nur noch einen Schrottwert hätten. Weitere mehr als 800 Millionen Euro seien offene Forderungen an die eigene Kraftwerkssparte. Daraus schlussfolgert Kruschat, dass die von Vattenfall übergebenen Gelder nicht mehr in der LEAG stecken.

Als Konsequenz daraus verlangt der BUND nun, die LEAG solle vereinbarte Sicherungsleistungen nicht schrittweise, sondern sofort hinterlegen. Das hat Rechtsanwältin Cornelia Ziehm für die Umweltorganisation beim Landesbergamt beantragt. Sie hat bereits den Eingang ihres Schreibens bestätigt bekommen, wie sie am Montag sagt.

Eigentlich soll aus Zahlungen der LEAG bis zum Jahr 2033 ein Sondervermögen von 770 Millionen Euro angespart werden. Zunächst zehn Millionen Euro wolle die LEAG jetzt aber nur einzahlen, bemängelt Kruschat. Er fordert vom Landesbergamt, die Höhe der tatsächlich nötigen Sicherungsleistung zu bestimmen und die Summe sofort in voller Höhe von der LEAG einzuziehen. Kruschat rechnet damit, dass das Landesbergamt das ablehnt. Dagegen will der BUND dann Widerspruch einlegen - und wenn dem Widerspruch nicht stattgegeben wird, dann soll höchstwahrscheinlich eine Klage eingereicht werden.

Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth unterstützt das Vorgehen. Vertreterin Ida Westphal sieht den Antrag als einen Beitrag, um umweltschädliche Aktivitäten einzuschränken.

Die Aussage, es seien 1,6 Milliarden Euro verschwunden, die Vattenfall für die Rekultivierung übergeben habe, sei falsch, reagiert LEAG-Sprecher Thoralf Schirmerin. Das habe man in den vergangenen Jahren bereits mehrfach erklärt. Es seien »keine Mittel abgeflossen«. Derzeit verfüge die LEAG über eine Liquidität in Höhe von etwa 1,2 Milliarden Euro. Das Unternehmen könne nicht erkennen, wie der vom BUND geforderte Entzug liquider Mittel, die für den laufenden Betrieb, aber auch für die fortlaufende Rekultivierung eingesetzt werden, dazu beitragen solle, dass die LEAG auch künftig ihre bestehenden Verpflichtungen erfüllen könne. Die zehn Millionen Euro zahle man nun übrigens vorfristig ein, erinnert Schirmer. Erst 2021 wäre die LEAG dazu gezwungen gewesen.