Die beredte Kraft der Zeugnisse

Neues aus der Forschung oder wie Lügen kolportiert werden: Der DDR-Journalist Karl-Heinz Gerstner war kein Nazi

  • Mario Keßler
  • Lesedauer: ca. 5.0 Min.

In einer Publikation 1968 erhob Simon Wiesenthal, Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums in Wien, einen schweren Vorwurf gegen die DDR. Deren mediale Kritik an Israel bediene antisemitische Klischees. Er sah als Grund neben der Staatsräson der DDR mögliche ideologische Überbleibsel des Nazismus in den Köpfen von Journalisten, die vormals der NSDAP angehört und ihre einstigen Vorurteile nicht überwunden hätten.

Zu jenen zählte der 2005 in Wien verstorbene Wiesenthal auch Dr. Karl-Heinz Gerstner. Tatsächlich war dieser am 1. Mai 1933 der Nazi-Partei beigetreten. Dies erwähnte ich selbst in einem 1995 erschienenen Buch (»Die SED und die Juden. Politische Entwicklungen bis 1967«), worauf Gerstner, einstiger »Chefreporter« der »Berliner Zeitung«, sich an mich wandte und mir sagte, er habe sich zur Tarnung antifaschistischer Aktivitäten der NSDAP angeschlossen. Ich nahm dies zunächst als Schutzbehauptung zur Kenntnis, ohne mich wei...


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