nd-aktuell.de / 14.07.2007 /

Oc Eo

Ronald Sprafke
Münzfunde in Siedlungen oder Festungen sind keine Seltenheit. Es muss also schon ein besonderer Grund vorliegen, wenn wenige Münzen außergewöhnliche Aufmerksamkeit erregen. Vor 65 Jahren hatte der französische Archäologe Louis Malleret begonnen, eine antike Hafen- und Handelsstadt auszugraben. Hier fand er u.a. mehrere römische Goldmünzen. Und das war insofern eine Sensation, als der Fundort fast 10 000 Kilometer von Rom entfernt liegt: Oc Eo, der wichtigste Seehafen des Königreiches Funan am Golf von Thailand. Funan erstreckte sich im 1. bis 6. Jahrhundert n.Chr. über das ganze küstennahe Gebiet des heutigen Kambodscha und das Mekong-Delta. Malleret barg neben Perlen, Halbedelsteinketten und Keramik aus einheimischen Werkstätten auch Statuen und Reliefs von Hindugottheiten und Siegelringe aus Indien sowie Schmuck, Spiegel und Buddhastatuen aus China. Auch fand er Beweise für Handelskontakte bis nach Persien und in das Römische Reich: Siegelringe aus dem Sassanidenreich, alexandrinische Lampen und Glaswaren aus dem Mittelmeergebiet. Schließlich barg Malleret auch Goldmünzen mit dem Porträt des Kaisers Antoninus Pius, der von 138 bis 161 n. Chr. regierte, und seines Nachfolgers Kaiser Marcus Aurelius (161-180). Rom hatte über das Partherreich Handelsbeziehungen bis nach China aufgebaut. Von dort importierte Seidenstoffe und andere Luxuswaren waren auf den römischen Märkten seit dem 1. Jahrhundert zu kaufen. Aus Funan importierte das Reich Edelhölzer, Gewürze, Perlen, Edelsteine und Lapislazuli. Rom exportierte Glaswaren und Metallerzeugnisse. Der Vietnamkrieg hat über lange Zeit weitere Forschungen unmöglich gemacht, erst danach konnten vietnamesische Archäologen im Süden ihres Landes noch zahlreiche weitere Siedlungen der Fu-nan-Zeit entdecken.