Sternstunde

OSSIS TAGEBUCH

1. November 1989: Mein Nachbar hatte mich zu einem Feierabendbier eingeladen. Er tat sehr geheimnisvoll, als er mich in seine Wohnung zog. Er wisse von einem Geheimpapier, das Gerhard Schürer, Vorsitzender der Staatlichen Plankommission, für das Politbüro erarbeitet habe. Die materielle Substanz unserer Volkswirtschaft sei aufgebraucht, Industrieanlagen und Schienensystem völlig verschlissen. Um die immense Verschuldung zu stoppen, müsse 1990 der Lebensstandard um 25 bis 30 Prozent gesenkt werden, habe Schürer behauptet, ansonsten wäre die DDR unregierbar. Entrüstet berichtete der Veteran, der wohl über seine Freunde im Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer vom Geheimpapier erfahren hat, dass der oberste Ökonom der DDR zudem empfahl, die Bundesrepublik um Kredite anzubetteln und Bonn dafür anzubieten, die Grenzanlagen und die Mauer abzubauen. Oho, dachte ich. Und fragte mich - nachdem ich meinem Nachbar versprochen hatte, n...


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