Faschisten auf Bürgerstreife

Die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (LINKE) spricht von neuartigen rechten Aktivitäten

Am 5. Juli zog der asylfeindliche Verein »Zukunft Heimat« mit 200 Demonstranten durch Cottbus, am 30. August versammelten sich 65 NPD-Anhänger in Rathenow. Das waren im dritten Quartal 2019 in Brandenburg die rechten Veranstaltungen mit den meisten Teilnehmern. Die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (LINKE) fragt dergleichen seit Jahren regelmäßig beim Innenministerium ab, bereitet die Zahlen auf und kommentiert sie. Rechtsextremismusexperten wie jene des Moses-Mendelssohn-Zentrums in Potsdam verwenden dieses Material für ihre Forschungsarbeiten.

Im dritten Quartal 2019 registrierte die Polizei nur neun rechte Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen. Außerdem sind zwei Rechtsrockkonzerte in Zehdenick verhindert, aber dann an anderer Stelle in der Stadt doch durchgeführt worden. Darüber hinaus gab es drei weitere Rechtsrockkonzerte.

Ein neueres Phänomen sind für Johlige die sogenannten Bürgerstreifen, bei denen die NPD oder die ebenfalls neofaschistische Kleinstpartei »Der III. Weg« sich anmaßen, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Zuletzt waren die Meldungen über Bürgerstreifen in Brandenburg abgeflaut, nun häuften sie sich wieder.

»Die Schwerpunkte der Bürgerstreifen befinden sich dort, wo die NPD stärker in Erscheinung tritt«, erläutert Johlige. »Vor allem in Cottbus, dem Barnim und in Oberhavel setzte die NPD in den vergangenen Monaten auf diese Aktionsform.«

Anders als erwartet gab es keine starke Zunahme rechter Aktivitäten im Vorfeld der Landtagswahl am 1. September. Die Veranstaltungen erlebten auch deutlich weniger Zulauf als im Jahr 2015, als die Fremdenfeindlichkeit um sich griff wie lange nicht mehr. Grund zur Entwarnung gebe es aber nicht, bedauert Johlige. »Wir müssen um ein weltoffenes Brandenburg und gegen Rassismus und Gewalt kämpfen. Gerade jetzt, gerade hier.«

Die AfD verbesserte sich bei der Landtagswahl im September um 11,3 Punkte auf 23,5 Prozent. SPD-Fraktionschef Mike Bischoff nennt diese Partei »NPD in blau«. Dass 17 Thüringer CDU-Politiker dafür plädieren, nach der jüngsten Landtagswahl dort Gespräche mit der »Höcke-AfD« nicht mehr auszuschließen, erschüttert Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter. Das sei »geschichtsvergessen«, sagt er. »Aus unserer Sicht wird hier die Brandmauer zum Faschismus eingerissen.«

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