nd-aktuell.de / 07.11.2019 / Politik / Seite 5

Bei Braun-Schwarzer Kooperation gibt’s Proteste

Thüringens CDU-Chef lehnt Zusammenarbeit mit AfD und Linkspartei ab / Antifaschisten kündigen Aktionen an

Sebastian Bähr

Bisher dachten viele Antifaschisten, dass zuerst in Sachsen das bisher geltende Tabu einer Regierungszusammenarbeit mit der AfD fallen werde. Zu ihrer Überraschung ist es nun aber grade die Thüringer CDU, die zumindest eine Duldung durch die völkische Partei öffentlich diskutiert - trotz historisch schlechtem Wahlergebnis und gegenteiligem Beschluss der Bundes-CDU.

Die antifaschistische Kampagne »Nationalismus ist keine Alternative« (NIKA) kündigte nun für den Fall einer Zusammenarbeit bundesweite Proteste an. »Wenn es zu einer Kooperation zwischen CDU und AfD kommt, dann müssen wir unseren Protest vor die CDU-Zentralen und Büros tragen und sie als ›Feinde der Emanzipation‹ markieren«, sagte die Kampagnensprecherin Ulrike Sommer gegenüber »nd«. Die deutsche Gesellschaft stehe vor der »historischen Verantwortung«, Faschisten nie mehr zur Macht zu verhelfen. »Wer da mit ihnen im Parlament rumkumpelt, der stellt sich auf die Seite von rechter Gewalt, Ausgrenzung und Mord.«

Aus Sicht von NIKA nimmt die CDU derzeit eine bedeutende wie auch problematische Rolle ein. »Nicht nur die aktuellen Annäherungen in Thüringen, sondern auch die faktische Zusammenarbeit auf lokaler Ebene in einigen Bundesländern sind ein deutliches Zeichen dafür, dass die CDU Steigbügelhalter der Faschisten ist«, sagte Sommer.

Thüringens CDU-Chef Mike Mohring fiel in der Frage einer möglichen AfD-Kooperation bisher mit widersprüchlichen Aussagen[1] auf. Am Mittwoch sagte der Politiker in Erfurt nach seiner Wiederwahl zum Fraktionschef, dass die Thüringer CDU weder eine Koalition mit der Linkspartei noch der AfD oder eine andere Form der Zusammenarbeit mit den beiden Parteien anstrebe. Auch eine »Grauzone dazwischen« werde es nicht geben.

Damit gelte auch, dass das Angebot des Thüringischen AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke nicht angenommen werde. Dafür habe die Fraktion bei zwei Gegenstimmen votiert. »Die Beschlusslage der CDU Deutschland gilt«, so Mohring.

Höcke hatte den Landesvorsitzenden von CDU und FDP jüngst angeboten, eine Minderheitsregierung zu unterstützen. In einem Schreiben an Mohring und Thomas Kemmerich (FDP) regte Höcke, Wortführer des faschistischen »Flügels« an, »gemeinsam über neue Formen der Zusammenarbeit ins Gespräch zu kommen«. Möglich seien eine »gemeinsam getragene Expertenregierung« oder eine von der AfD unterstützte Minderheitsregierung. Eine Gruppe von 17 Thüringer CDU-Funktionären hatte zuvor in einem Appell »ergebnisoffene« Gespräche mit der AfD gefordert. Es könne »nicht sein, dass fast ein Viertel der Wählerstimmen bei diesen Gesprächen außen vor bleiben sollen«, hieß es in dem Papier.

Der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nannte diesen Vorschlag »irre«. Die AfD habe eine Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut - seine eigene Partei müsse dazu Distanz wahren, mahnte der Bundespolitiker am Mittwoch gegenüber Medien. »Höcke ist für mich ein Nazi und die AfD mit ihm auf dem Weg zur NPD 2.0.«

Mohring stellte sich dagegen demonstrativ vor die Parteimitglieder, die Gespräche mit der AfD[2] führen wollen. »Eine Partei muss aushalten, dass es unterschiedliche Meinungen gibt[3], auch wenn sie sie nicht teilt«, so Mohring. »Sonst kann Meinungsfreiheit nicht funktionieren.« Niemand sei »irre«.

Mohring erhielt bei seiner Wahl zum Fraktionschef einen Dämpfer. 14 Abgeordnete stimmten für ihn, sieben gegen ihn. Mohring, der seit 2008 Fraktionschef ist, hatte keinen Gegenkandidaten. Das Ergebnis von 66 Prozent sei ehrlich und sei »angesichts der Stimmungslage plausibel«, sagte der Politiker. Mit Agenturen

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1128157.thueringen-linke-spd-und-gruene-keine-zusammenarbeit-mit-hoecke.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1128218.thueringen-risse-in-der-brandmauer-nach-rechts.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1128152.thueringen-cdu-funktionaere-fuer-ergebnisoffene-gespraeche-mit-afd.html