nd-aktuell.de / 30.11.2019 / Politik / Seite 24

»Offiziell galt dieses Glas als axtfest«

Dr. Steffen Schmidt über den Juwelenraub im Grünen Gewölbe

Ines Wallrodt

Schon wieder ein Kunstraub.

Naja, schon wieder - also in den großen Museen ist das weiterhin eher selten. Der Münzraub vom Berliner Bode-Museum ist ja auch schon wieder zwei Jahre her. Dresden ist insofern ein unschöner Fall, weil die schon 1977 einen bis heute unaufgeklärten Fall eines größeren Museumsraubs hatten.

Was wurde damals geklaut?

Schmuck aus dem Stadtmuseum, der aus Gräbern der zerstörten Sophienkirche in Dresden stammte. Weder die Beute noch irgendein Verdächtiger sind hier meines Wissens jemals aufgetaucht.

Lassen sich die Juwelen überhaupt verkaufen?

Die brutale Gewalt beim Einbruch spricht dafür, dass die Objekte als eigentlicher Sammelgegenstand wahrscheinlich perdu sind.

Im echten Leben ist so ein Raub viel grobschlächtiger als im Film. Dort kommt immer beeindruckende Hightech zum Einsatz, in Dresden eine Axt.

Der Ansatz war durchaus mit Hightech verbunden. Die Diebe mussten wissen, welcher Stromkreis die Sicherungstechnik des Schlosses beeinträchtigt. Und sie mussten diese spezielle Art von Sicherheitsglas gekannt haben. Offiziell galt dieses Glas als axtfest.

Das war wohl Bluff.

De facto haben sie nach wenigen Sekunden den richtigen Schlag gehabt. Sie müssen vorher wohl mit dem richtigen Glas geübt haben. Da können sich andere Museen schon mal warm anziehen. Das eigentlich Unerfreuliche an der Sache ist, dass ein Ensemble von Stücken wahrscheinlich zerstückelt wird und die Steine einzeln verkloppt werden sollen. Legal lassen sich die großen Steine sowieso nicht verkaufen, weil die in der Regel bekannt sind.

Wie kann man die erkennen?

Diamanten haben eine Art von chemischer Signatur. Ob sich allerdings jemand diesen Aufwand macht ... Bei den großen Steinen würde sich das sogar lohnen - obwohl der größte ja glücklicherweise gerade verliehen war; der Grüne Diamant mit 41 Karat, der gerade hoffentlich besser bewacht im New Yorker Metropolitan Museum liegt. Wobei auch Leihgaben natürlich nicht sicher sind.

Sind diese Steine denn zum ersten Mal geraubt worden?

Soweit ich weiß, wurden die hauptsächlich von August dem Starken gekauft - für eine der prunkvollen Garnituren, um sich jeden wichtigen Tag etwas anderes an die Klamotten zu heften. Einige Steine hat dann noch sein Sohn erworben, und sein Urenkel hat diese Garnitur anfertigen lassen. Woher Könige das nötige Kleingeld nehmen, um so viele Klunkern zu kaufen, ist natürlich eine ganz andere Frage.