Noch mehr Kunden bleiben auf ihren Schaden sitzen

Thomas Cook hat alle Reisen ab 2020 abgesagt

  • Lesedauer: 3 Min.

Wer eine Anzahlung geleistet hat, muss sich für eine Entschädigung an den Versicherer wenden. Die Zurich Gruppe Deutschland muss aber nur für 110 Millionen Euro haften - diese Summe ist aber bereits um Längen überschritten.

Die Thomas Cook GmbH mit Marken wie Neckermann, Öger, Bucher und Air Marin war in den Strudel der Pleite des britischen Mutterkonzerns geraten und hatte am 25. September Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen musste die Rückflüge und teils auch Hotelkosten bezahlen, um die Kunden nach Hause zu holen.

Im Tourismusausschuss des Bundestages war Ende Oktober bekannt geworden, dass allein die Rückholung gestrandeter Urlauber aus dem Ausland 80 Millionen Euro kostete. Diese Summe konnte der Versicherer Zurich nicht bestätigen.

Zu den Rückführungskosten kommen die Ansprüche der Urlauber, die eine Reise bei Thomas Cook bis Ende des Jahres gebucht hatten, aber nicht antreten konnten. Diese Ansprüche summierten sich laut Zurich bis 1. November auf über 250 Millionen Euro; rund 150 000 Kunden meldeten bis dahin Ansprüche an.

Dazu kommen nun die Ansprüche derer, die 2020 eine Reise bei Thomas Cook gebucht und dafür auch schon eine Anzahlung gemacht haben. Die Summe, für die Zurich haftet, ist auf 110 Millionen Euro begrenzt. Anfang Dezember, »wenn wir die Schadensumme absehen können«, werde der Versicherer eine Schadenquote bekanntgeben, welchen Anteil seines Geldes jeder Kunde zurückbekommen dürfte, so ein Unternehmenssprecher.

Die von der Absage der Reisen ab 2020 betroffenen Kunden würden »so schnell wie möglich proaktiv von den Veranstaltern informiert«, erklärte Thomas Cook inzwischen. Sie müssen ihre Ansprüche beim von Zurich beauftragten Dienstleister Kaera unter www.kaera-ag.de anmelden.

»Es tut uns leid, dass wir unseren Kunden mit Abreise im neuen Jahr endgültig diese Nachricht überbringen müssen«, erklärte Stefanie Berk, Vorsitzende der Geschäftsführung der Thomas Cook GmbH. »Wir hoffen aber, unseren Kunden und Vertriebspartnern damit die notwendige Planungssicherheit geben zu können.«

Seit der Insolvenz versucht der vorläufige Insolvenzverwalter, Thomas Cook oder Teile der Gruppe zu verkaufen. Bislang gibt es aber kein »belastbares Angebot«, wie das Unternehmen erklärte. »In Folge dessen muss nun aus rechtlichen Gründen die Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs zum 1. Dezember 2019 vorbereitet werden.«

Nach Lage der Dinge werden Hunderttausende Menschen mutmaßlich auf hohen Kosten sitzenbleiben. Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), kritisierte, nun würden noch mehr Verbraucher auf dem Schaden sitzen bleiben. Der Bundesverband sehe primär die Zurich-Versicherung in der Pflicht. Zurich könne sich nicht »hinter dem 110-Millionen-Euro-Deckel ver- stecken«.

Gleichzeitig stehe auch die Bundesregierung in der Verantwortung für die »fehlerhafte Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie«. Sie müsse jetzt schnell eine Lösung für eine zukunftsfähige Kundengeldabsicherung vorlegen. Nur so könne das Vertrauen der Verbraucher in die Pauschalreise wieder hergestellt werden. dpa/nd

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