nd-aktuell.de / 13.12.2019 / Berlin / Seite 9

Standortfaktor Weltoffenheit

Rot-Rot-Grün will mit dem Doppelhaushalt 2020/2021 Berlin solidarisch weiterentwickeln

Martin Kröger

Es ist 19 Minuten nach Beginn der Generaldebatte, als der Oppositionsführer ans Pult des Abgeordnetenhauses tritt. «Die Koalition von SPD, LINKE und Grünen wird in Berlin in die Geschichte eingehen als die Koalition der verpassten Chancen», sagt Burkard Dregger, der Fraktionschef der CDU. Doch statt seine Redezeit weiter für eine Generalabrechnung mit dem Senat und dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) zu nutzen, wie es in diesen sogenannten Elefantenrunden in der Haushaltsdebatte eigentlich üblich ist, verliert sich Dregger langatmig im Klein-Klein seines alten innenpolitischen Fachbereichs: So beklagt er beispielsweise die schlechte Aufklärungsquote der Polizei von 44 Prozent, die aber unter dem vorherigen CDU-Innensenator noch niedriger lag.

Lesen Sie auch den Kommentar: Zusammen zur Arbeit verdammt. MEINE SICHT über den Rot-Rot-Grünen Doppelhaushalt 2020/2021.[1]

Angesichts dieser lahmen Kritik fällt es dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) leicht, die Attacke abzuwehren. «Die Rede des Oppositionsführers haben nicht Sie, Herr Dregger, gehalten, sondern Herr Czaja», sagt Müller mit Blick auf den FDP-Fraktionsvorsitzenden Sebastian Czaja. Der hatte den Regierenden zuvor als «Wurst-Achim» bezeichnet, der in Berlin etwa das «heruntergewirtschaftete Kosmosviertel oder 6000 Asbestwohnungen» kaufen würde. «Es fehlen 194 000 Wohnungen in der Stadt, die dringend gebaut werden müssten», erklärte Czaja. Der FDP-Politiker warf Rot-Rot-Grün zudem vor, mit dem Haushalt Klientelpolitik zu betreiben: «Ganz Berlin zur Fußgängerzone zu machen, das wird es mit uns nicht geben.»

Den Vorwurf, mit dem Doppelhaushalt für die Jahre 2020/2021 (siehe Kasten) in Hinblick auf die kommenden Abgeordnetenhauswahlen «Wahlgeschenke» zu verteilen, weist Müller als «diffamierend» zurück. «Bildungschancen zu schaffen, sind keine Wahlgeschenke», so Müller. «Das Wichtige ist, dass Hunderttausende davon profitieren, die das nötig haben. So würden mit dem kostenlosen Schülerticket und dem Schulessen gezielt Berlinerinnen und Berliner entlastet.

Auch die Koalitionspartner der SPD verweisen auf die soziale Politik von Rot-Rot-Grün. »Die Vision für Berlin kann nur eine sein: Die Schaffung der Grundlage für ein lebens- und liebenswertes Berlin für alle«, so Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Aus diesem Grund investiere die Koalition mit dem Haushalt in die Verkehrsoffensive, die Wohnungsbauoffensive und die Schulbauoffensive. Hinzu kommt nach Aussage der Grünen-Chefin die Grünbau-Offensive für mehr Klimagerechtigkeit, »wie sie unsere Stadt noch nie gesehen hat«.

Linksfraktionschef Udo Wolf stellt am Donnerstag die Gemeinsamkeiten der Koalition heraus, die mit der Verabschiedung des Haushalts weiter verfolgt werden sollen. »Unser gemeinsames Ziel ist die solidarische Stadt, klimagerecht, demokratisch und weltoffen.« Dagegen stünde der »Wirtschaftsliberalismus garniert mit Law-and-Order und mit Geschenken für Lobbyisten«, wie ihn die Opposition verfolge. »Praktische Armutsbekämpfung sind keine Wahlgeschenke«, betont auch Wolf. Der Linksfraktionschef zählt die geplanten freien Eintritte in Museen ab dem kommenden Frühjahr auf, die Bekämpfung der Obdachlosigkeit und das Ziel, mit der Erhöhung des Landesmindestlohns auf 12,50 Euro pro Stunde und dem neuen Vergabegesetz »bundesweit eine Vorreiterrolle« für »gute Arbeit« zu spielen. Wolf verteidigt auch die mit dem Haushalt ausfinanzierte Einführung des Mietendeckels: »Der Auftrag des Grundgesetzes ist eindeutig: Politik hat die Aufgabe, dort regulierend einzugreifen, wo der Markt zu unsozialen Verwerfungen führt.«

»Der Mietendeckel wird kommen - er ist Rot-Rot-Grün pur«, erklärt Raed Saleh. Der SPD-Fraktionschef kritisiert in seiner Rede ebenfalls die Opposition, die sich »seit dem ersten Tag in einem Tiefschlaf« befinde. Für die AfD-Abgeordneten hat Saleh eine besondere Botschaft von seiner Nachbarin mitgebracht. Diese fordert, »diese Kerle von der AfD zurückzudrängen, raus aus den Parlamenten«.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1130043.berlin-zusammen-zur-arbeit-verdammt.html