nd-aktuell.de / 13.12.2019 / Sport / Seite 16

Im Kinderwagen an der Skisprungschanze

Die deutsche Premiere eines gemeinsamen Weltcups von Frauen und Männern freut ein sächsisches Geschwisterpaar

Patrick Reichardt, Klingenthal

Selina Freitag wurden Talent und Faszination für den Sport in die Wiege gelegt. Vater Holger war Skispringer, der große Bruder Richard auf dem besten Weg zum Profi. »Und ich war im Kinderwagen an der Schanze. Das Springen habe ich dann aber immer verschlafen«, erzählt die heute 18-Jährige. Mit sechs fing sie selbst an zu springen: »auf einer Drei-Meter-Schanze«, erinnert sie sich.

An diesem Wochenende muss sie höher steigen, denn Selina Freitag gehört jetzt selbst zur Elite. Unweit der Heimat wartet in Klingenthal eine besondere Premiere auf die Familie Freitag: Erstmals treten Männer und Frauen beim selben Skisprungweltcup in Deutschland an. »Was lange währt, wird endlich gut. Ich finde es fein, dass es ein bisschen zusammenwächst«, sagt Bruder Richard.

Anders als im Biathlon oder im Langlauf sind gemeinsame Weltcups für Männer und Frauen beim Skispringen noch immer nicht Standard. Umso mehr freuen sich die Geschwister, die deutsche Premiere unmittelbar vor der Haustür zu erleben. »Es sind ein paar von der Familie dabei und auch viele Freunde. Die Region ist sport- und skisprungfanatisch. Da kommen sicher einige«, sagt der ehemalige Gesamtweltcupzweite Richard Freitag voraus.

Seine zehn Jahre jüngere Schwester steckt zwar noch in den Anfängen ihrer Karriere, doch inzwischen kann Richard auch etwas von Selina lernen. »Die Leichtigkeit: Sie ist das erste Jahr richtig mit dabei. Als Leistungssportler zweifelt man irgendwann ein bisschen, da kann man sich die Leichtigkeit von jüngeren Athleten wieder abschauen«, sagt er.

Papa Holger hatte die Begeisterung als früherer Weltcupsieger ausgelöst. »Jetzt versuchen wir, es ihm nachzumachen. Er gibt mir Tipps, wie er das früher gemacht hat. Er ist immer noch dabei«, sagt Selina Freitag. Auch vom Bruder schaut sie sich gerne etwas von dessen Technik ab und wie sie »auf der Schanze weniger nervös« sein kann.

Am liebsten würde Selina mit ihm sogar im selben Team springen. »Klasse wäre, wenn wir im Weltcup öfter mal Mixed-Springen hätten«, sagt sie. Doch das steht auch in Klingenthal noch nicht auf dem Programm. dpa/nd