nd-aktuell.de / 08.01.2020 / Berlin / Seite 12

Schnelle Hilfe für Flüchtlingskinder

Unternehmer sammelt Spenden für griechische Camps – und wird mit Paketen überhäuft

Claudia Krieg

»Uns wird die Bude eingerannt von Leuten, die spenden wollen«, sagt Miriam Tödter am Dienstag. Schon am Donnerstag will die kleine aber tatkräftige Initiative »Wir packen's an« ihren ersten Hilfskonvoi vor allem für die notleidenden Kinder in zwei griechischen Flüchtlingslagern[1] auf den Weg schicken. An zwei öffentlichen Sammelstellen können noch bis zum 9. Januar Decken, Schlafsäcke, warme Schuhe und warme Anziehsachen, aber auch Babynahrung, Hygieneartikel, Windeln, Feuchttücher, sowie Zelte, Planen und Werkzeuge abgegeben werden. Miriam Tödter nimmt auch in ihrer Privatwohnung Spenden entgegen.

Kaum zwei Wochen hat es gedauert, seit der Bad Freienwalder Andreas Steinert die Idee zu der Spendensammlung hatte. Er habe an Weihnachten »die Bilder von Müttern mit Neugeborenen auf Schotter in der Eiseskälte liegend« gesehen, beschreibt Steinert. Für ihn ist klar: »Den Menschen dort fehlt es an allem.« Nichts tun sei keine Option, so Steinert. Er könne nicht begreifen, dass Europa beziehungsweise Deutschland nicht in der Lage seien, ein paar Tausend Minderjährige aus ihrer lebensbedrohlichen Situation heraus- und in Würde unterzubringen. Zum selben Zeitpunkt hatte auch der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck gefordert, Kinder und Jugendliche aus den Lagern nach Deutschland zu bringen[2]. Die Bundesregierung hatte die Hilfsleistung abgelehnt. »Das ist eine Schande für unser Land, unsere Regierung, unsere Gesellschaft«, empört sich Steinert.

Der Unternehmer betreibt einen Geschenkehandel und ist logistisch versiert, was die Organisation und den Transport größerer Mengen von Dingen betrifft. Menschenrechtlich engagiert ist er ebenfalls: Steinert unterstützt seit mehreren Jahren Seenotrettungsorganisationen, fuhr vor drei Jahren selbst als Retter auf einer Mission der Sea-Eye mit. Sein zivilgesellschaftliches Engagement teilt er mit Miriam Tödter. Die beiden kennen sich gut, auch Tödter hat gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten für Seenotrettungsinitiativen gearbeitet.

»Andreas hat mich gebeten, ihm zu helfen, weil er Sorge hatte, er würde allein mit seinem Aufruf nicht genug Spenden zusammen bekommen«, erzählt die Politologin. Deshalb habe sie vor knapp einer Woche einen Aufruf unter dem Motto »Macht den Truck voll« verfasst und ihn auf ihre Facebook-Seite gestellt: »Während immer mal wieder von europäischen Werten und dem christlichen Abendland geredet wird, frieren und leiden die Menschen in Griechenland, mitten in Europa. Was würdest Du tun, wenn Dir eine Bombe auf den Kopf fällt, Du hungerst, Dein Dorf angezündet wird und Du zusehen musst, wie Deine Angehörigen massakriert werden?«, hieß es dort.

Die Resonanz, erzählt Miriam Tödter, sei überwältigend gewesen, der Beitrag sei 800 Mal geteilt worden - »viele wollen helfen, vieles wird per Post geschickt«. Die Post in Bad Freienwalde schiebe bereits Sonderschichten, um die palettenweise eintreffenden Pakete zu bewältigen, berichtet sie. Neben den Sachspenden brauche es aber auch finanzielle Unterstützung: 5000 Euro kostet der Transport mit einem Truck samt Benzin und Lohn für den Fahrer. Wer noch Spenden abgeben möchte, sollte diese wenn möglich außen in Englisch beschriften. Die Dinge sollten unterteilt sein in entweder warme Decken, Schlafsäcke, Winterschuhe und -kleidung oder Babysachen und Hygieneartikel oder Zelte und Planen.

Die beiden öffentlichen Sammelstellen in Berlin befinden sich in der Pflugstraße 9a in Mitte und in der Schulzendorfer Straße 13 im Café Desd in Wedding. In der Pflugstraße können Spenden beim Verein Junge Piraten abgegeben werden - Mittwoch und Donnerstag von 12 bis 19 Uhr - und im Café Desd zwischen 7 und 18.30 Uhr. Abfahrtsorts der Trucks ist die Carlsburger Handels GmbH in der Frankfurter Straße Ausbau 24, in Bad Freienwalde. Dorthin können mit dem Stichwort »Wir packen's an« auch Pakete geschickt werden.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1127942.dunja-mijatovic-europarat-lage-der-migranten-auf-griechischen-inseln-immer-dramatischer.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1130537.lager-in-griechenland-die-aufnahme-von-kindern-wuerde-uns-nicht-ueberfordern.html