nd-aktuell.de / 08.01.2020 / Politik

Innenministerium will Ausweisbilder sicherer machen

Geplant sind »Selbstbedienungsterminals« bei den insgesamt 5500 Pass- und Ausweisbehörden in Deutschland

Berlin. Wer einen neuen Pass oder Personalausweis beantragt, muss das Foto nach dem Willen des Bundesinnenministeriums künftig direkt bei der zuständigen Behörde machen lassen. Das Lichtbild sei »in Gegenwart eines Mitarbeiters« aufzunehmen und »elektronisch zu erfassen«, heißt es in einem Entwurf eines »Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen«. Geplant sind »Selbstbedienungsterminals« bei den insgesamt 5500 Pass- und Ausweisbehörden in Deutschland.

Anlass für die Neuregelung ist nach Angaben des Ministeriums die Sorge vor Bildmanipulationen durch sogenanntes Morphing. Dabei werden mehrere Fotos zum Bild eines einzigen Gesichts verschmolzen. »Ist ein auf dem Pass enthaltenes Lichtbild auf diese Weise manipuliert, kann nicht nur der Passinhaber, sondern unter Umständen auch eine dritte Person, deren Gesichtszüge im Passbild enthalten sind, den Pass zum Grenzübertritt nutzen«, heißt es im Entwurf.

Breiter bekannt geworden war diese Methode biometrische Datenscanner »auszutricksen« durch das Künstlerkollektiv peng! Für ihre zweiteilige Aktion verschmolzen sie die Passbilder jeweils eines deutschen Staatsbürgers mit einem libyschen Staatsbürger. Dann hatten sie mit den Fotos ganz regulär einen Reisepass beim Bürgeramt beantragt und ausgestellt bekommen. Als die Pässe fertig waren, verschickte peng![1] die Pässe mit einer öffentlichen Aktion Ende September 2018 nach Libyen.

»Uns ging es damals darum, auf die Gefahren einer «neuen europäischen Rasterfahndung» hinzuweisen«, erklärt Billie Hoffmann gegenüber »nd«. Das wäre ein Eingriff in unsere Privatsphäre gewesen, der man sich widersetzen müsse. Auf der anderen Seite zielte die Aktion auf die Frage nach Privilegien. »Wie sehr hängen wir eigentlich an unserer Nationalität«, fragt Hoffmann? Die Aktion sollte die Menschen mit der Frage konfrontieren, ob sie bereit wären, das Privileg zu teilen, beispielsweise mit einem Menschen aus dem Bürgerkriegsland Libyen und damit möglicherweise ein Leben zu retten. Das Strafverfahren, das gegen eine Person des Kollektivs angestrengt worden sei, wurde nach Angaben von Hoffmann inzwischen eingestellt.

Der Einzelhandel fürchtet indes Umsatzeinbrüche. »Da die Fotohändler mit der Erstellung der Passbilder nicht nur den höchsten Deckungsbeitrag erzielen, sondern dieser Service auch maßgeblich für Kundenfrequenz in den Geschäften sorgt, würde dieser Plan Millionenumsätze im Handel vernichten«, schrieben der Präsident des Handelsverband Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser, und der Vorsitzende des Bundesverbands Technik des Einzelhandels (BVT), Frank Schipper, am Montag in einem Brief an Innenminister Horst Seehofer (CSU). »Angesichts der ohnehin angespannten Lage im stationären Einzelhandel stellt dies eine existenzielle Bedrohung für viele mittelständische Unternehmen dar.«

Betroffene Verbände haben noch bis Ende des Monats Zeit für eine Stellungnahme. Danach berät die Bundesregierung intern, bevor sie einen Kabinettsbeschluss fasst. Die Neuerungen sollen nach einer Übergangszeit von zwei Jahren in Kraft treten - falls Bundestag und Bundesrat innerhalb der kommenden Monate zustimmen also ungefähr im Sommer 2022. dpa/ulk

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1101507.peng-kollektiv-peng-verschickt-deutsche-paesse-nach-libyen.html