nd-aktuell.de / 14.02.2020 / Politik / Seite 7

Länder entscheiden über Tempolimit

Ausschüsse des Bundesrats empfehlen Höchstgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometer auf Autobahnen

Simon Poelchau

Die Vertreter aus Bayern werden nicht sonderlich viel Lust haben, Punkt 50 auf der Tagesordnung für die Sitzung des Bundesrates diesen Freitag zu diskutieren. Schließlich geht es um ein leidiges Thema für die CSU, die in Bayern das Sagen hat: ein mögliches generelles Tempolimit auf den Autobahnen.

»Auf rund 70 Prozent der Autobahnen besteht derzeit keine Geschwindigkeitsbegrenzung«, heißt es dazu in einer Stellungnahme unter anderem des Verkehrs- und Umweltausschusses des Bundesrates. Insofern hätte ein Tempolimit von 130 Stundenkilometer »einen nicht unerheblichen Rückgang der von Pkw auf Bundesautobahnen verursachten CO2-Emissionen und anderer Schadstoffemissionen (insbesondere Stickoxide) zur Folge«, machen sich die Ausschüsse der Länderkammer für ein allgemeines Tempolimit stark.

Das versucht die CSU derzeit, mit aller Kraft zu verhindern. Ende Januar startete die Partei extra eine Internetkampagne, um gegen ein Tempolimit zu mobilisieren. »Die CSU stellt sich klar gegen dieses ideologisch motivierte Vorhaben von Grünen, SPD und Die Linke«, poltert sie auf einer eigens für die Kampagne geschaffenen Website. Knapp 200 000 Personen hat die CSU eigenen Angaben zufolge schon für ihre Sache gesammelt.

Das hört sich zunächst nach viel an. Doch relativiert sich die Zahl schnell, schaut man sich aktuelle Umfragewerte zu dem Thema an. Laut dem ZDF-Politikbarometer spricht sich mittlerweile eine Mehrheit von 59 Prozent der Bevölkerung hierzulande für ein generelles Tempolimit von 130 Stundenkilometer aus. Weitere sechs Prozent sind sogar für eine noch niedrigere Höchstgeschwindigkeit, während nur noch ein Drittel der Befragten eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung ablehnt. Besonders groß ist die Ablehnung indes bei FDP- und AfD-Anhängern mit 54 beziehungsweise 56 Prozent.

Dass immer weniger Menschen Verständnis für freies Rasen haben, spürt mittlerweile auch der größte Automobilclub im Land, der ADAC. Lange Zeit stemmte sich der rund 21 Millionen Mitglieder starke Club gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Ende Januar sorgte ADAC-Vizepräsident Gerhard Hillebrand dann für große Aufregung, als er bekanntgab, dass sein Verein »nicht mehr grundsätzlich« gegen ein Tempolimit sei. Denn eine interne Umfrage ergab, dass 45 Prozent der ADAC-Mitglieder für ein Limit sind.

Bei Verkehrsminister Andreas Scheuer löste der Kursschwenk des Autoclubs Entrüstung aus. »Ein ›neutrales‹ Durchlavieren bei diesem Thema gibt es definitiv nicht«, wütete der CSU-Politiker gegenüber der »Bild am Sonntag«, der seine Felle gerade davon schwimmen sieht. Wenige Tage später startete seine Partei ihre Kampagne gegen ein Tempolimit.

Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die für ein Tempolimit sind, sehen sich hingegen in der Offensive. In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern sie vom Bundesrat ein klares Votum für eine Geschwindigkeitsbegrenzung. »Der Bundesrat hat jetzt die Chance, für die Verkehrswende, den Klimaschutz und mehr Sicherheit auf unseren Straßen zu stimmen«, heißt es seitens des Bündnisses, in dem neben der DUH unter anderem Greenpeace, der ökologische Verkehrsclub VCD, der Fahrradclub ADFC sowie der Umweltverband BUND mitmachen. Niedrigere Geschwindigkeiten auf Autobahnen könnten etwa die Hälfte aller tödlichen und schweren Unfälle vermeiden, so die Verbände. Zudem fordern sie ein Tempolimit in Städten von 30 Stundenkilometer als »zentraler Teil der Verkehrswende in Städten und Kommunen, um Rad- und Fußverkehr sicher zu machen«.

Die CSU hat derzeit noch die Mehrheit des Bundesrats hinter sich. So sind zwar im Umweltausschuss, der für ein Tempolimit ist, zwar viele grüne Landesminister. Im Plenum werden aber viele unionsgeführte Landesregierungen abstimmen. Vermutlich werden nur Berlin und Bremen für ein generelles Tempolimit stimmen. Die Regierung in Brandenburg hat es bereits öffentlich abgelehnt, ebenso Nordrhein-Westfalen. Sachsen und Sachsen-Anhalt wollen sich enthalten.