nd-aktuell.de / 18.02.2020 / Politik / Seite 8

Unruhestifter

Pjotr Pawlenski mischt den Pariser Bürgermeisterwahlkampf auf.

Lale Ohlrogge

Auch körperlich unversehrt schafft es Pjotr Pawlenski in die internationalen Schlagzeilen. Der russische Aktionskünstler bekannte sich zu der Veröffentlichung eines Sextapes, auf dem der Pariser Bürgermeisterschaftskandidat Benjamin Griveaux zu sehen ist. Das pikante Video soll der verheiratete Familienvater, der sich vergangene Woche aus dem Kandidatenrennen zurückzog, einer Freundin von Pawlenski zugesandt haben. Der 36-jährige Künstler wurde nun wegen eines anderen Vergehens festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, in der Silvesternacht 2019 jemanden mit einem Messer bedroht zu haben.

Zu Bekanntheit gelangte Pawlenski, als er 2012 in seiner Heimatstadt St. Petersburg vor einer Kathedrale mit zugenähtem Mund gegen die Inhaftierung der Band Pussy Riot protestierte. Einem breiteren Publikum wurde der Künstler als der Mann bekannt, der gegen die russische Polizei aufbegehrte, indem er seinen Hodensack auf den roten Platz festnagelte. Als ihm durch die russischen Behörden eine psychiatrische Zwangseinweisung drohte, setzte er sich auf das Dach des Zentrums für Gerichtspsychiatrie in Moskau und schnitt sich das linke Ohrläppchen ab. Nach mehrmaligen Inhaftierungen floh der Künstler, der sich selbst gern als »Zerstörer kultureller Werte« bezeichnet, ins französische Exil. Dort lebt er nun seit drei Jahren. Seitdem ist es allerdings nicht ruhiger geworden um den Mann, der sich mit radikalen Aktionen gegen die russische Obrigkeit auflehnte.

In Frankreich veränderte sich die Art seiner Protestkunst: Weg von den Selbstverstümmlungen hin zur Brandstiftung, in welcher er sich schon 2015 in Moskau übte, als er die Tür der russischen FSB-Zentrale in Flammen setzte. Ein knappes Jahr nach seiner Ankunft im Exil zündelte der Vater zweier Töchter auch in Paris. Anschließend ließ der Brandstifter verlauten, dass er durch das Feuer vor einer Filiale der französischen Nationalbank zu einer Revolution aufrufen wollte. Bisher ist es dazu nicht gekommen, doch zumindest auf die Pariser Lokalpolitik hat er mit seinem neuesten Werk erheblichen Einfluss genommen.