nd-aktuell.de / 24.07.2007 / Brandenburg

Morddrohung gegen NPD-Gegner

Aufruf im Internet gegen Christian S., der wegen Antifa-Aktionen im Gefängnis sitzt

Peter Kirschey
Es ist zu befürchten, dass der aktive NPD-Gegner Christian S., seit dem Wochenende Gefangener in der Justizvollzugsanstalt Tegel, in Lebensgefahr schwebt. Am 14. Juni hatte er im offenen Vollzug der JVA Hakenfelde eine zehnmonatige Haftstrafe angetreten, war aber ohne Angabe von Gründen und ohne Information an seine Rechtsanwältin Silke Studzinsky plötzlich in den geschlossenen Vollzug von Tegel eingeliefert worden. Eine Justizsprecherin bestätigte dem ND die Verlegung. Es sei alles gründlich geprüft worden und die Verschärfung der Haft gerechtfertigt. Weitere Angaben wurden nicht gemacht. Christian S. ist verurteilt wegen Straftaten im Zusammenhang mit NPD-Aufmärschen - so wegen Anzündens eines Fahrzeuges, was per Polizeivideo dokumentiert wurde. In einem weiteren Verfahren geht es um einen angeblichen Flaschenwurf in Dresden gegen einen Polizisten während einer NPD-Demonstration, bei dem niemand verletzt wurde. Der Flaschenwurf existiert nur in den Aussagen anonym bleibender Polizisten, die extra aus Berlin nach Dresden gereist waren, um sich an die Spur von Christian S. zu heften und ihn von hinten aus einiger Entfernung im Getümmel beobachtet haben wollen. Das sehr wahrscheinlich existierende Nazi-Netzwerk hinter Gittern - immer wieder berichten Gefangene von einem regen Informations- und Materialaustausch unter verurteilten Rechten - hatte die Verlegung öffentlich gemacht. Sofort wurden Morddrohungen im Internet gegen S. veröffentlicht. Der NPD-Gegner sitze nun in der »Abschusszelle«. Er solle sich lieber selber erhängen, das werde ihm viel Schmerz ersparen, heißt es da. Den Kameraden im Knast werde »viel Spaß« mit dem neuen Gefangenen gewünscht. Sowohl im Freigänger-Strafvollzug als auch in der geschlossenen Anstalt verbüßen Neonazis ihre Strafen, darunter auch der einstige Chef der Nazimusikband »Landser« und bekennende NPDler Michael Regner alias »Lunikoff«, der wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung für drei Jahre hinter Gitter kam. Seine menschenverachtenden und zu Gewalt aufstachelnden Texte wurden für viele Neonazis als Anleitung zu Gewalttaten aufgefasst, wie zahlreiche Prozesse gegen rechte Schläger bewiesen. Während der Gerichtsverhandlung umgab sich Regner mit kahlköpfigen, bulligen Personenschützern, die auf seine Anweisungen hin alle unliebsamen Kontakte fernhielten. Nicht auszuschließen, dass er seine Macht unter Rechten auch gegen Christian S. einsetzen wird. Im vergangenen Herbst trabte die gesamte NPD-Spitze zum Gefängnis, um Freiheit für ihr rechtes Sänger-Idol zu fordern. Nun könnte die NPD-Zentrale sich mit dem Wunsch revanchieren, den NPD-Gegner im Gefängnis zum Schweigen zu bringen. Christian S. muss sich jetzt, nach Informationen der Solidaritätsgruppe, seine Zelle mit fünf Gefangenen teilen, die er sich nicht aussuchen kann. Die Justizsprecherin geht davon aus, dass die Sicherheit des Nazi-Gegners auch im geschlossenen Vollzug gewährleistet wird. Rechtsanwältin Studzinsky hat jedoch unverzüglich Antrag auf Verlegung von Christian S. gestellt, da sie überzeugt ist, dass seine Sicherheit in Tegel nicht garantiert werden kann.