nd-aktuell.de / 21.03.2020 / Kommentare / Seite 8

Bundeswehr an die Hilfefront

Uwe Kalbe über den Einsatz im Corona-Katastrophenfall

Uwe Kalbe

Die Bundeswehr im Inneren einsetzen? Das ist ein Tabu, bei dem selbst zerstrittenste Linke gewöhnlich den Schulterschluss hinkriegen. Und nun soll ausgerechnet eine rot-rot-grüne Landesregierung, die in Thüringen, Schirmherrin eines solchen Sündenfalls werden. Doch gemach. Dass der einzige vernünftige Zweck der Bundeswehr in ihrem Einsatz gegen Katastrophen und Notstand bestehen sollte, auch das ist gewöhnlich Konsens aller Kritiker der Bundeswehr.

Darum aber handelt es sich doch gerade, wenn Soldaten zur Unterstützung der Polizei eingesetzt werden sollen - bei der Versorgung von Geflüchteten, wie die Thüringer Landesregierung beteuert. Man kann sich vorstellen, dass auch die Polizei derzeit an ihre personellen Grenzen gerät; Hilfe durch die Bundeswehr zur Aufrechterhaltung lebensnotwendiger Strukturen kann hier nicht falsch sein.

Freilich - bei der konkreten Anfrage handelte es sich um jene Flüchtlinge, die sich teilweise gewaltsam den Auflagen der Gesundheitsbehörden widersetzten, als diese die Quarantäne über ihr Flüchtlingsheim in Suhl verhängten. Die Aussicht mag verlockend sein, ein konfliktschwangeres Problem an die Bundeswehr zu delegieren. Denn auch Flüchtlinge können krank werden. Sie müssen sich den derzeitigen Regeln beugen wie alle Menschen und sie müssen wie Menschen behandelt werden - an den EU-Grenzen und in Deutschland, auch und gerade in einer Krise wie der jetzigen. Die Bundeswehr könnte hier durchaus helfen. Wenn Menschen wie Strandgut sich selbst überlassen werden, an den Grenzen, in den Unterkünften oder auf der Straße, ist auch logistische Stärke gefragt. Flüchtlinge in Schach halten, das darf die Bundeswehr nicht.

Dieser Text ist Teil einer Debatte. Lesen sie die Gegenposition: Daniel Lücking findet, dass uniformierte Bewacher nicht vor und in Geflüchtetenunterkünfte gehören.[1]

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1134579.kontra-retraumatisierung-vermeiden.html