nd-aktuell.de / 07.04.2020 / Kultur / Seite 14

Auguste Lazar

Frauengeschichte(n)

Martin Stolzenau

Ihr wohl bekanntestes Kinderbuch, »Sally Bleistift in Amerika«, erschien unter Pseudonym. Verfasst noch in Nazideutschland, hatte Auguste Lazar das Manuskript über Gesinnungsfreunde in die Sowjetunion schmuggeln lassen, wo es 1935 mit der Autorenangabe Mary Macmillan gedruckt wurde. Ihr Romanerstling trat von Moskau aus seinen internationalen Siegeszug an. Die literarische Protagonistin Sally Bleistift flüchtet nach einem Judenprogrom im zaristischen Russland in die USA, wo sie ihre Enkelin Betti, einen indigenen Jungen und ein schwarzes Kind ungeachtet der geltenden rassistischen Normen gemeinsam aufzieht.

Auguste Lazar, 1887 in Wien in einer bürgerlich-liberalen jüdischen Familie geboren, gehörte 1916 zu den ersten Frauen, die in der Donaumetropole promoviert wurden. Ihre Dissertation befasste sich mit dem von ihr verehrten Schriftsteller Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, Autor unter anderem von »Elixiere des Teufels« und »Lebensgeschichte des Katers Murr«. Während des Ersten Weltkrieges lehrte die Germanistin an verschiedenen reformpädagogischen Bildungsanstalten. Zu ihren Schülern zählte die junge Helene Weigel, mit der sie später eine lebenslange Freundschaft verband. 1920 heiratete Auguste Lazar den bereits vier Jahre nach der Hochzeit verstorbenen Mathematikprofessor Karl Wieghardt, mit dem sie in Dresden lebte, befreundet mit Victor Klemperer und dessen Frau sowie dem Malerpaar Hans und Lea Grundig. Zehn Jahre nach ihrer Emigration kehrte Auguste Lazar 1949 nach Dresden zurück. Mit Alex Wedding begründete sie die Kinderliteratur in der DDR. Sie starb am 7. April 1970.