nd-aktuell.de / 21.04.2020 / Politik / Seite 1

Merkel will keine Hilfe für Beschäftigte

Bundesarbeitsminister Hurbertus Heil bleibt bei Forderung nach höherem Kurzarbeitergeld

Ines Wallrodt

Kanzlerin Angela Merkel hat der Forderung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nach einer Anhebung des Kurzarbeitergeldes eine Abfuhr erteilt. »Wir müssen jetzt nur aufpassen, dass wir nicht jede Woche eine Maßnahme uns vornehmen und in der nächsten Woche wieder eine andere«, sagte Merkel am Montag. Dabei hatte Heil zuvor noch Unterstützung vom Arbeitnehmerlager der Union bekommen.

»Arbeitnehmern, die nicht durch Tarifvertrag abgesichert sind, droht bei Kurzarbeit null der soziale Absturz«, sagte der Vizevorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, Christian Bäumler, dem »Handelsblatt«. Heil hatte am Wochenende in einem Interview erneut die Forderung des DGB unterstützt, der sich für eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes von 60 beziehungsweise 67 auf 80 beziehungsweise 87 Prozent des Nettolohns für Mai, Juni und Juli starkmacht. Linke und Grüne wollen es sogar auf 90 Prozent anheben.

Doch bislang bestimmt der Wirtschaftsflügel in der Union die Linie, und der sagt Nein. »Wer soll das bezahlen?«, fragte der haushaltspolitische Sprecher der Union-Bundestagsfraktion Eckhardt Rehberg in der »Passauer Neuen Presse«. Auch der CDU-Wirtschaftsrat will hier mal einen Punkt machen. Die Krisenlasten seien bereits jetzt enorm. »Eine Anhebung des Kurzarbeitergeldes würde in dieser Situation ein unkalkulierbares finanzielles Risiko darstellen«, warnte dessen Generalsekretär Wolfgang Steiger.

Derzeit können Firmen, die wegen der Corona-Pandemie schließen müssen oder denen Aufträge wegbrechen, Personalkosten dadurch sparen, dass sie ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Die Bundesagentur zahlt den Beschäftigten dann 60 Prozent des ausgefallenen Nettoentgeltes, mit Kindern 67 Prozent. Das soll Entlassungen verhindern.

Doch viele Geringverdiener etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe, die vom Lockdown derzeit besonders betroffen sind, können bei einem Einkommensverlust von 40 Prozent nicht lange über die Runden kommen. Seit Wochen wird daher um eine bessere Absicherung gerungen. Die Gewerkschaften verhandeln über tarifliche Aufstockung - aber selbst wenn das quer durch alle Branchen von Erfolg gekrönt ist: Nur eine Minderheit profitiert von solchen Regelungen. Nicht alle Arbeitgeberverbände lassen sich darauf ein, zudem arbeitet die Mehrheit der Beschäftigten in nicht tarifgebundenen Betrieben.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben bislang mehr als 700 000 Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Nach Berechnungen des DGB könnte es bis Ende des Jahres 5,6 Millionen Kurzarbeitende geben, das wären so viele wie noch nie. Rund 18 Milliarden Euro könnte das kosten. Die BA hat 26 Milliarden Euro Reserven in der Kasse.